Süddeutsche Zeitung

Tarifstreit:Fluglotsen drohen mit Streik

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Die Tarifgespräche der Fluglotsen sind geplatzt, bereits Mitte kommender Woche könnte der Flugverkehr in Deutschland lahmgelegt werden. Die Fluggesellschaften warnen vor hohen Kosten - zumal schon am Montag an mehreren Flughäfen die Bodenabfertigung vorübergehend ausfallen wird.

Die Zeichen stehen auf Streik: Die Fluggesellschaft Lufthansa blickt einem möglichen Streik der Fluglotsen in der kommenden Woche mit großer Sorge entgegen. Der Ausstand würde nur unbeteiligte Dritte treffen, sagte eine Unternehmenssprecherin der Deutschen Presseagentur. "Alle entstehenden Kosten würden an die Fluggesellschaften weitergereicht werden."

Am Freitagabend hatten die Gewerkschaft der Flugsicherung und die Deutsche Flugsicherung (DFS) ihre Tarifgespräche für die rund 5000 Beschäftigten, darunter etwa 2000 Fluglotsen, abgebrochen. Beide Seiten schoben sich anschließend gegenseitig die Schuld in die Schuhe.

Nach Angaben der DFS scheiterten die Verhandlungen an den Gewerkschaftsforderungen nach besseren Beförderungsmöglichkeiten für die Lotsen. Ein Gewerkschaftsvertreter erklärte hingegen, die Arbeitgeberseite habe zum Teil das Schlichtungsergebnis wieder infrage gestellt.

Den Abbruch der Tarifverhandlungen bezeichnete eine Sprecherin der größten deutschen Fluggesellschaft als "schwarzen Tag". "Für uns wäre ein Streik unverhältnismäßig, und wir fordern die Tarifparteien auf, weiter gemeinsam am Verhandlungstisch nach Lösungen zu suchen." Die Lufthansa beobachte die weitere Entwicklung genau, eine konkrete Vorbereitung auf den Streikfall sei aber noch nicht möglich.

Die Fluglotsen-Gewerkschaft will bei einem Streik in der kommenden Woche nur für einige Stunden die Arbeit niederlegen. "Es wird hier keinen 24-Stunden-Streik wie in Griechenland geben", sagte ein Gewerkschaftssprecher am Samstag. Beschlossen sei aber noch nichts. "Es gibt keine Abmachung, wann jetzt irgendetwas gemacht wird", erklärte er. "Möglich wäre es am Mittwoch."

24 Stunden, um sich vorzubereiten

Die Tarifkommission tage am Montagmittag und berate dann über das weitere Vorgehen. Die Friedenspflicht endet am Montagabend, die Gewerkschaft kann dann Streiks mit einem Vorlauf von 24 Stunden ankündigen. "Dadurch wird die Welt nicht aufhören, sich zu drehen", sagte der Sprecher der Fluglotsengewerkschaft. "Wie sollen wir unseren Forderungen sonst Nachdruck verleihen?"

Die Gewerkschaft geht davon aus, dass die DFS wieder probieren wird, den Gerichtsweg einzuschlagen, sollte es zum Streik kommen. Arbeitsgerichte hatten jedoch bereits im August einen damals angekündigten Streik für rechtmäßig erachtet. Zu dem Ausstand war es aber nicht gekommen, weil ein Schlichter eingeschaltet wurde.

Während die zu den Top-Verdienern zählenden Fluglotsen mehr Mitspracherechte verlangen, rumort es auch "an der Basis" beim vergleichsweise schlechter bezahlten Personal der Bodenabfertigung. Am Montag wollen die Beschäftigten an zahlreichen deutschen Airports Betriebsversammlungen abhalten, wodurch es zu Verzögerungen bei der Abwicklung der Flüge kommen könnte. Allein am größten deutschen Flughafen in Frankfurt werden voraussichtlich 2000 Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste an der mehr als einstündigen Veranstaltung teilnehmen, wie ein Sprecher von Verdi Hessen sagte.

Für Aufregung unter den Beschäftigten sorgt ein Vorschlag der EU-Kommission für mehr Wettbewerb bei der Bodenabfertigung. "Wir befürchten einen weiteren Lohnabbau sowie eine Ausweitung der Zeit- und Leiharbeit, wenn diese Vorstellungen Gesetz werden", erklärte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. Auch die Flughafen-Betreiber sind wenig begeistert von den Brüsseler Plänen.

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