Lufthansa:Rettung erklärt in drei Zahlen

Die Kennziffern 350, 50 und 0 lassen eine Einigung mit den Piloten über weitere Einsparungen in greifbare Nähe rücken.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Bewegungsflug der Lufthansa während Corona-Stillstand am Flughafen München, 2020

Langjährige Flugkapitäne erhalten in der Kurzarbeit monatlich oft rund 7000 Euro und mehr.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hält viel davon, seinen Mitarbeitern die Lage mit wenigen, einfachen Botschaften, garniert mit ein paar Zahlen, klarzumachen. Derzeit müssen sich die immer noch mehr als 100 000 Lufthanseaten nur drei Zahlen merken, um zu erfassen, wie es ihrem Arbeitgeber geht, die 350, die 50 und die Null. 350 Millionen Euro verbrennt der Konzern jeden Monat. Aber wenn im kommenden Jahr die Nachfrage wieder auf 50 Prozent des Niveaus vor der Corona-Pandemie steigt und die Personalkosten auf 50 Prozent sinken, dann dürfte es laut hausinternen Finanzexperten gelingen, im Laufe des Jahres 2021 den Geldabfluss auf null zu bringen.

Das mit der Nachfrage hat Lufthansa nicht in der Hand, auch wenn die jüngsten Nachrichten in Sachen Impfstoffe Anlass zu Optimismus geben und die Investoren am vergangenen Montag die Aktie deswegen um mehr als 20 Prozent hochschießen ließen, eine Zahl, die sich die Mitarbeiter eher nicht merken müssen. Denn wer weiß, wie schnell Impfstoffe wirklich massenhaft zur Verfügung stehen und den Luftverkehr aus seinem mittlerweile wieder nahezu vollständigen Zwangsstopp befreien. Doch bei den Kosten geht noch etwas: Mit den Flugbegleitern ist sich das Unternehmen sowieso schon seit Monaten im Prinzip einig, in der vergangenen Woche kam nach langem Streit auch der Kompromiss mit Verdi zustande - die Gewerkschaft vertritt rund 24 000 Bodendienstmitarbeiter. Bleiben noch die Piloten - und trotz langjähriger Zerwürfnisse und zeitweiser Feindschaft zwischen Management und Vereinigung Cockpit (VC) besteht nun auch hier Hoffnung.

Denn aus Verhandlungskreisen ist zu hören, dass sich die Gespräche in die richtige Richtung entwickeln, wenn auch eine Einigung noch nicht erreicht ist. Die Zeit drängt enorm, und zwar nicht nur wegen der 350 Millionen Euro. Die Piloten hatten nach Ausbruch der Pandemie ersten Einschnitten zugestimmt, doch die Vereinbarung läuft Ende Dezember aus. Lufthansa braucht die Zustimmung der VC, um weiterhin Piloten in Kurzarbeit schicken zu können. Sie droht damit, schon im Januar Entlassungen voranzutreiben, sollte die Kurzarbeit auslaufen.

Die VC hatte am Mittwoch ein nach eigener Einschätzung "massives Angebot" vorgelegt, das Einsparungen von 600 Millionen Euro bis Mitte 2022 und Gehaltsabstriche von bis zu 50 Prozent beinhalte. "Die Piloten gehen hiermit an ihre finanzielle Belastungsgrenze, um dem Unternehmen zu helfen", argumentierte die Gewerkschaft. Das Problem an der Rechnung sind allerdings ein paar ihr zugrunde liegende Annahmen, die die Einschnitte größer erscheinen lassen, als sie auf Basis des Grundgehaltes eigentlich sind. So hat die VC in die Abstriche die variable Gewinnbeteiligung und die Überstunden eingerechnet, die 2019 angefallen sind. Nun gibt es 2020 keinen Gewinn und Überstunden fallen auch keine an. Bemessen an einem Basisgehalt liegen die Einsparungen in der Regel bei unter 20 Prozent. Denn: Lufthansa gleicht bei den Piloten freiwillig die Differenz zwischen der bei der Kurzarbeit maßgeblichen Beitragsbemessungsgrenze und 83 Prozent des alten Nettogehaltes aus. Bei langjährigen Kapitänen sind das monatlich oft rund 7000 Euro und mehr.

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