In der Luftfahrt dreht sich derzeit alles vor allem um diese eine Frage: Führen die vom amerikanischen Präsidenten Donald Trump geplanten Zölle zu völligem Chaos und einem Einbruch der Nachfrage oder kann sich die Branche doch noch auf Basis irgendeines Kompromisses vor der nächsten großen Krise retten? Die Lufthansa hat dazu nur eine vorläufige Antwort.
Kurzfristig, so Konzernchef Carsten Spohr, bleibt die Nachfrage auf den wichtigen Nordatlantikstrecken nämlich stark. Im ersten Quartal etwa ist die Nachfrage um sechs Prozent gestiegen, und zwar sogar trotz höherer Preise. Im derzeit laufenden zweiten Quartal sei „von Zurückhaltung nichts zu spüren“, so Spohr. So wären die Buchungen aus den USA im April trotz des schwächeren Dollars um zehn Prozent gestiegen, in Deutschland um vier Prozent. Allerdings: Für das dritte Quartal, also für das wichtige Sommergeschäft ab Juli, sei die „Sichtbarkeit deutlich geringer“, eine leichte Verlangsamung sei spürbar, aber es sei „zu früh, von kompletter struktureller Abkühlung zu sprechen“.
Damit hat Spohr das umschrieben, was Fluglinien in der Regel am meisten hassen: Unsicherheit. Sie wissen dann nicht, wie viele Flüge sie planen sollen. Da die Margen in der Regel ohnehin nur sehr klein sind, können Fehler große wirtschaftliche Folgen haben. Zwar ist für Lufthansa das erste Quartal sogar besser gelaufen als 2024 – sie konnte den saisonal üblichen Verlust um 127 Millionen auf 722 Millionen Euro drücken. Aber die großen amerikanischen Airlines hatten zuletzt alle ihre Prognosen für das Geschäftsjahr 2025 kassiert, weil sie dank Trump Einbrüche im Inlandsverkehr und auf den Strecken nach Mexiko und Kanada verzeichneten. Auf dem Nordatlantik läuft es auch für sie derzeit noch gut, allerdings tappen auch American, Delta und United längerfristig im Nebel: Wer weiß schon, welche Zölle wirklich in zwei Monaten gelten. Und: Wenn sich der Dollar weiter abschwächt, wird Europa für amerikanische Touristen immer teurer.
Spohr gibt sich trotz allem optimistisch, auch weil Zölle auf Flugzeuge aus amerikanischer Sicht kontraproduktiv seien. „Alle sind sich einig, dass Zölle die US-Hersteller mehr treffen würde als die Europäer“, so der Konzernchef. Daher würden sie „in der extremen Ausprägung nicht kommen“. Es sei auch klar, dass Lufthansa sich „nicht mal eben 20 Prozent Zölle auf Flugzeuge leisten“ könne.
Sollte sich das Geschäft deutlich abschwächen, könnte Lufthansa relativ leicht Kapazität auf der Langstrecke abbauen: Dort nutzt sie noch eine Menge abgeschriebene Airbus A340-600 und Boeing 747-400, die sie schnell ausmustern kann. Für das vierte Quartal hat sie das geplante Wachstum auf dem Nordatlantik schon von sechs auf drei Prozent herabgestuft.
Derzeit wäre sie allerdings froh, wenn sie neue Maschinen bekäme. Denn gerade die Langstreckenflotte ist insgesamt deutlich zu alt. 41 Boeing-Jets sind aus unterschiedlichen Gründen um bis zu sechs Jahre verspätet. Die ersten von 15 in Charleston geparkten Boeing 787 sollen nun zwar im Sommer ausgeliefert werden, aber mit nahezu vollständig blockierter Business-Class – die Sitze sind bislang nicht zugelassen.
Im laufenden und nächsten Jahr erwartet Lufthansa aber nun endlich deutliche Fortschritte bei der Flottenerneuerung: 40 neue Langstreckenjets sollen ausgeliefert werden, 33 davon gehen zur Kernmarke Lufthansa Airlines, wenn auch die ersten Airbus A350-1000 nun wohl erst 2027 fertig sein werden.
In Deutschland hofft Lufthansa auf „Sondereffekte“ durch die Infrastrukturinvestitionen, die CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben. Beim Thema Luftverkehr selbst gingen die Vorschläge „in die richtige Richtung“, so Spohr. Er bezog sich dabei vor allem darauf, dass die Luftverkehrsteuer nicht weiter erhöht werden und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber nicht-europäischen Airlines stärker im Vordergrund stehen soll. Das EU-Klimaprogramm „Fit for 55“ sei „gescheitert“, weil es nur zu Wettbewerbsverzerrung geführt habe, aber nicht zu weniger Emissionen.