Touristik:Lufthansa erwartet langsamere Erholung des Flugverkehrs

Frankfurt am Main, Landebahn Nordwest, 19.12.2020, Geparkte Lufthansa-Flugzeuge, Bild: Wegen der Corona-Pandemie werden

Geparkte Flugzeuge am Frankfurter Flughafen: Viele Maschinen werden wohl weiter am Boden bleiben, solange die USA Europäer nur bedingt einreisen lassen.

(Foto: Jörg Halisch /imago images)

Lufthansa-Chef Spohr stellt sich darauf ein, dass die pandemiebedingte Branchenkrise länger dauert als gedacht. Sein Unternehmen sieht er trotzdem als gut gewappnet.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Carsten Spohr hat auch schon einmal optimistischer geklungen. Es ist gerade einmal ein paar Wochen her, da rechnete er fest damit, dass die USA bis Mitte September endlich die Grenzen für geimpfte Reisende aus Europa und damit eine der wichtigsten Einnahmequellen für seine Lufthansa öffnen würden. Mitte September, das wäre in zwei Wochen, aber von Öffnen kann immer noch nicht die Rede sein. Stattdessen gesteht der Lufthansa-Chef ein: "Wir bereiten uns darauf vor, dass das noch mal ein langer, kalter Winter wird für uns als Airline."

Die gefühlt unendliche Geschichte von hoffnungsvollen Phasen, gefolgt von den nächsten Rückschlägen, geht für die Lufthansa und die anderen europäischen Fluggesellschaften weiter. Am Montagabend verkündete die Europäische Kommission, dass sie den Mitgliedsländern wieder schärfere Einschränkungen für Reisende aus den USA empfiehlt. Denn dort liegt die Inzidenz mittlerweile bei fast 800, ist also zehnmal so hoch wie die Marke 75, von der an eigentlich schon Einschränkungen gelten sollten.

Das USA-Geschäft war für Lufthansa zuletzt schon wieder der wichtigste Zweig, denn die Nachfrage aus Nordamerika war groß genug, um die Flugzeuge zu füllen, und mit der Fracht lässt sich sowieso derzeit hervorragend Geld verdienen. Dass die Europäer kaum in die Gegenrichtung fliegen durften, war damit eher zu verschmerzen, auch wenn die absoluten Mengen immer noch deutlich unter dem Vorkrisen-Niveau liegen. Die Frage ist nun aber, wie sich die EU-Entscheidung nun wirklich auswirkt. Sie besagt, dass nur noch unbedingt notwendige Reisen gestattet werden sollen. Geimpfte und Genesene sind aber davon ausgenommen.

Auch wenn das wenige in der Branche offen sagen, wäre das eine Regelung, mit der die Airlines gut leben könnten. Die meisten in ihrer Klientel sind sowieso mittlerweile geimpft, und viele Länder schreiben seit Jahrzehnten für die Einreise den Nachweis über bestimmte Impfungen vor. Nichts Neues also. Vor allem aber interpretieren einige in der Industrie den EU-Beschluss als einen Schachzug, die USA unter Druck zu setzen. Bislang hatte Brüssel darauf gehofft, die USA würden die Grenzen öffnen, nachdem Europa für Amerikaner schon eine Weile wieder offen steht. Nachdem dies aber bislang nicht geschehen ist, sendet die Kommission nun das Signal, dass auch sie sich zu wehren vermag. Die US-Regierung verweist derzeit weiterhin darauf, dass sie an sicheren und dauerhaften Reiseregeln arbeitet, die am Ende auch auf eine Impfpflicht hinauslaufen. Damit wären sich dann beide Seiten wieder einig.

Der Frachtbereich profitiert von einer großen Nachfrage

Bis sich die Lage aber normalisiert, wird es also dauern. Der Luftverkehr habe die Pandemie als erste Branche zu spüren bekommen und werde mit den Folgen am längsten zu kämpfen haben, so Spohr. Lufthansa war im vergangenen Jahr dank staatlicher Hilfen in Höhe von neun Milliarden Euro gerettet worden, die sie allerdings nur teilweise in Anspruch genommen und zum Teil auch wieder zurückgezahlt hatte. Mittlerweile kann sie sich über Anleihen finanzieren, der Cash-Flow ist positiv, das Sommergeschäft ist einigermaßen gut gelaufen mit etwa 60 Prozent des alten Niveaus. Nun bereitet das Unternehmen eine Kapitalerhöhung vor - wenn auch die Umstände deutlich besser sein könnten.

Einen wesentlichen Beitrag dazu, dass die Lage nicht dramatischer ist, leistet weiterhin die Fracht, die von großer Nachfrage, hohen Preisen und knapper Kapazität profitiert. Spohr sagte, im Vorstand habe man schon seit Wochen heimlich gewettet, ob die Sparte in diesem Jahr einen Gewinn von einer Milliarde Euro schaffen würde, nach knapp 800 Millionen 2020. Nun hat der Konzernchef augenzwinkernd eine klare Ansage gemacht: "Alles unter einer Milliarde ist nicht akzeptabel."

Spohr ist nun auch optimistisch genug, um zuzusagen, dass mindestens 100 000 Arbeitsplätze bei Lufthansa erhalten bleiben. Dies war eines der großen Ziele, die sich der Konzernchef schon früh in der Pandemie gesetzt hatte. 2019 waren noch rund 140 000 Menschen in der Gruppe beschäftigt.

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