Lufthansa:Piloten drohen schon wieder mit  Streiks

Die Gewerkschaft "Vereinigung Cockpit" fordert ein Fünftel mehr Gehalt und erklärt die Verhandlungen für gescheitert. Bei Lufthansa könnte es nun wieder zu Streiks und zu Flugausfällen kommen. Der Ärger ist groß.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Bei der Lufthansa stehen neue Streiks der Piloten kurz bevor. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) erklärte die Verhandlungen über einen neuen Vergütungstarifvertrag am Montag für gescheitert. Es sei ab sofort mit Arbeitskampfmaßnahmen zu rechnen. Diese sollen je mit einem Vorlauf von 24 Stunden angekündigt werden. Lufthansa-Personalchefin Bettina Volkens nannte die Streikandrohung "absolut unverständlich".

Die größte deutsche Fluggesellschaft hatte bis zuletzt versucht, die Streiks abzuwenden und eine Schlichtung vorgeschlagen. Doch VC lehnte das ab, denn der Tarifvorschlag des Unternehmens sei "nicht schlichtungsfähig". Die Piloten fordern rückwirkend für die vergangenen fünf Jahre ein Gehaltsplus von rund 20 Prozent. Die Forderung sei "nicht unverhältnismäßig, sondern entspricht dem, was alle deutschen Tarifangestellten in dieser Zeit an Lohnanpassung erfahren haben".

Die Lufthansa und ihre Piloten befinden sich seit mehr als vier Jahren in einem Dauerkonflikt. Insgesamt dreizehn Mal hat VC in dieser Zeit zu Streiks aufgerufen. Zahlreiche Einzeltarifverträge müssen neu verhandelt werden. Der Vergütungstarifvertrag ist bereits im Frühjahr 2012 ausgelaufen. In mehreren Anläufen ist es beiden Seiten bislang nicht gelungen, sich auf neue Bedingungen zu einigen. Lufthansa hatte zuletzt ein Plus von 4,4 Prozent und eine Einmalzahlung von 1,8 Monatsgehältern geboten.

Lufthansa-Piloten verdienen laut VC im Durchschnitt rund 140 000 Euro pro Jahr. Seit fünf Jahren müssten sie nun Reallohneinbußen hinnehmen, deswegen sei die Forderung "maßvoll", so VC-Chef Ilja Schulz. Allerdings bekommt jeder Lufthansa-Pilot durch fest definierte Tabellensteigerungen, die der wachsenden Erfahrung Rechnung tragen sollen, regelmäßig deutliche Gehaltserhöhungen. Weil die Copiloten derzeit mangels Flottenzuwachs viel länger brauchen, um Kapitän zu werden (und mehr Geld zu verdienen), sollen die Gehälter der Ersten Offiziere stärker steigen. Doch in Wahrheit geht es nicht um die Gehälter oder eine der anderen strittigen Einzelfragen. Die Piloten stehen vor dem fundamentalen Problem, dass Lufthansa die Billigmarke Eurowings weiter ausbaut, gleichzeitig aber die Flotte der Kernmarke nicht weiter wächst. Die Piloten von Lufthansa fallen unter den sogenannten Konzerntarifvertrag, der ihnen üppige Gehälter und relativ komfortable Arbeitsbedingungen bietet.

Bei den Auseinandersetzungen geht es auch um die Strategie, Billig-Ableger zu gründen

Piloten des ersten Billigablegers Germanwings werden auch nach dem Vertrag bezahlt, sie wechseln aber nach und nach zur Muttergesellschaft. Beim andern Billiganbieter Eurowings gelten deutlich niedrigere Tarifbedingungen, bis 2020 sollen die Kosten pro Sitzplatz dort rund 40 Prozent unter denen der Lufthansa liegen.

Seit Anfang des Jahres hatten sich Lufthansa und VC über Monate zu vertraulichen Gesprächen getroffen und sich dabei in etlichen Punkten offenbar angenähert. VC erklärte, sie habe Konzessionen vorgeschlagen, die das Unternehmen sofort um mehrere Hundert Millionen Euro entlastet hätten. Allerdings forderte die Gewerkschaft auch, dass die Eurowings-Crews ebenfalls in den Konzerntarifvertrag integriert werden. Zunächst sollten sie zu schlechteren Bedingungen eintreten, später aber die Möglichkeit haben, zu Lufthansa zu wechseln. Die Fluggesellschaft wollte dem aber nicht folgen.

Nach dem Scheitern der Gesprächsrunden hatte VC auch die Selbstverpflichtung, nicht zu streiken, im Sommer auslaufen lassen. Seither fanden wieder Verhandlungen zu einzelnen offenen Tarifthemen statt. VC muss rechtlich sichergehen, dass sie formal nur wegen der Gehälter streikt und nicht wegen des als Streikgrund nicht zulässigen Themas Eurowings. Im Herbst 2015 war ein Streik für illegal erklärt worden, weil das zuständige Gericht den Streikgrund, die Gründung der Tochtergesellschaft Eurowings, für nicht zulässig erklärt hatte.

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