LuftfahrtDas verdienen Piloten bei der Lufthansa

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Ein Lufthansa-Pilot in einem Airbus-Cockpit. Die Piloten der Airline könnten bald wieder die Arbeit niederlegen.
Ein Lufthansa-Pilot in einem Airbus-Cockpit. Die Piloten der Airline könnten bald wieder die Arbeit niederlegen. (Foto: MICHAELA STACHE/AFP)

Die Lufthansa und ihre Piloten streiten wieder ums Geld. Dieses Mal geht es offiziell um die betriebliche Altersversorgung, doch das Verhältnis ist aus anderen Gründen zerrüttet.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Lufthansa-Piloten haben in einer Urabstimmung mit großer Mehrheit für einen Streik gestimmt. Noch ist unklar, wann sie ihren Arbeitskampf beginnen und ob sie sich am Ende überhaupt dafür entscheiden. Nachdem die Crews zuletzt deutlich höhere Gehälter durchgesetzt hatten, blieb es in Hinblick auf Streiks ruhig. Vordergründig geht es in dem Konflikt dieses Mal um die Betriebsrenten. Die Piloten verlangen sehr viel höhere Beiträge des Konzerns. Er hält sie für nicht finanzierbar. Im Hintergrund schwelt ein grundsätzlicher Konflikt um die Zukunft der Kernmarke Lufthansa. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum aktuellen Konflikt.

Was verdienen Lufthansa-Piloten?

Wer bei Lufthansa als Co-Pilot einsteigt, meistens mit Anfang oder Mitte 20, verdient in seinem ersten Jahr inklusive Zulagen und variabler Vergütung rund 90 000 Euro. In der höchsten Gehaltsstufe bekommen Kapitäne rund 300 000 Euro. Im Durchschnitt kommen die Cockpit-Mitarbeiter der Kern-Airline rund 235 000 Euro.

Warum verdienen Piloten so viel?

Der Beruf verlangt spezielle Fähigkeiten wie Stressresistenz in Krisensituationen, eine Gabe, in kurzer Zeit konsequent und richtig zu entscheiden, sich an Verfahren zu halten, und ein gewisses Maß an technischem Verständnis. Der Beruf kann wegen der Zeitverschiebung bei Langstreckenflügen sehr anstrengend sein. Der wesentliche Grund, warum die Piloten bei vielen großen Fluggesellschaften so viel verdienen, ist aber ein anderer. Sie haben es geschafft, sich durch Betriebsvereinbarungen wie die sogenannten Senioritätslisten de facto von der Konkurrenz abzuschotten. Wer von einer anderen Airline zur Lufthansa wechselt, muss als Co-Pilot einsteigen, auch wenn er oder sie zuvor als Kapitän gearbeitet hat. Alle anderen, die schon früher an Bord waren, werden zuerst zum Kapitän befördert. Diesen Schritt machen dann nur sehr wenige. In manchen Ländern gab es zuletzt auch zu wenige Piloten, was die Gewerkschaften vor allem in den USA für hohe Tarifabschlüsse ausgenutzt haben.

Wer zahlt die Ausbildung?

Die meisten Piloten müssen mittlerweile ihre Ausbildung, die weit mehr als 100 000 Euro kosten kann, selbst zahlen. Viele Unternehmen bieten aber Kredite an, deren Rückzahlung mit den späteren Gehältern verrechnet wird.

Wie sehen die Gehälter im Vergleich zu anderen Airlines aus?

Innerhalb des Konzerns und in Deutschland allgemein sind die Lufthansa-Airlines-Crews die mit Abstand am besten bezahlten Piloten. Bei der Schwestergesellschaft Eurowings bekommt ein Co-Pilot im ersten Jahr gut 74 000 Euro, in der höchsten Stufe steigt das Gehalt bis auf 144 000 Euro. Ein Eurowings-Kapitän kann bis zu 214 000 Euro verdienen. Die Zahlen sind ohne Mehrflugstunden oder Überstunden gerechnet. Die Eurowings-Crews arbeiten derzeit auch deutlich produktiver als die Lufthansa-Kollegen. Der Konzern schätzt daher den Kostenvorteil bei den Besatzungen von Eurowings und der zweiten Ferienfluggesellschaft Discover auf bis zu 40 Prozent.

Eine Besonderheit des Lufthansa-Systems ist auch, dass Gehälter nicht an Flugzeuggrößen gebunden sind. Bei anderen Airlines verdienen die Crews, die kleinere Maschinen fliegen, weniger als die Kollegen, die auf Großraumjets im Einsatz sind. Die Bezahlung der Lufthansa-Langstreckenpiloten bewegt sich im internationalen Vergleich durchaus im Rahmen oder liegt manchmal sogar unter der von Konkurrenten wie Delta Air Lines, wo die ältesten Kapitäne nach den jüngsten Tarifabschlüssen mehr als 500 000 Dollar verdienen können. Auf der Kurzstrecke aber sind die Besatzungen, weil ihr Gehalt in den kleineren Flugzeugen von viel weniger Passagieren „bezahlt“ werden muss, sehr teuer. Dass Billig-Airlines generell schlecht bezahlen, ist aber auch ein Mythos: Die am besten zahlende amerikanische Fluglinie ist Southwest – einer der günstigen Anbieter.

Welche Altersversorgung können Lufthansa-Piloten erwarten?

Sie bekommen in der Regel aus der gesetzlichen Rente den Höchstsatz, also derzeit etwa 3000 Euro. Ferner haben sie Anspruch auf eine betriebliche Altersversorgung, aus der sie derzeit monatlich 5400 Euro erwarten können. Lufthansa zahlt aktuell dafür pro Pilot 23 000 Euro jährlich zusätzlich und garantiert eine Mindestverzinsung der Kapitalanlage von einem Prozent. Der aktuelle Konflikt dreht sich darum, dass die Rendite seit Einführung des neuen Systems im Jahr 2018 hinter den Erwartungen der Piloten zurückgeblieben ist und diese daher höhere Zuzahlungen des Arbeitgebers verlangen.

Wann gehen Lufthansa-Piloten in Rente?

Lufthansa-Piloten können mit 55 in eine Art Frührente gehen. In diesem Fall nehmen sie bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente die sogenannte Übergangsversorgung in Anspruch. Das können 60 Prozent des zuletzt gezahlten Vollzeitgehalts sein. Laut Lufthansa waren das 2024 im Durchschnitt rund 11 500 Euro. Der Konzern zahlt zugleich die Beiträge für die betriebliche Altersversorgung so weiter, als würden die Piloten in Vollzeit weiter fliegen.

Geht es bei der Urabstimmung nur um die Renten?

Offiziell ja, denn die Piloten dürften nur deswegen streiken. Dennoch schwelt im Hintergrund ein anderer, wesentlich größerer Konflikt. Bei Lufthansa Airlines sind die Kosten zuletzt aus dem Ruder gelaufen – auch, aber bei Weitem nicht nur wegen der Pilotengehälter und vergleichsweise geringer Produktivität. Deshalb hat Lufthansa mit Eurowings, Discover und City Airlines drei Tochtergesellschaften gegründet, die einen immer größeren Teil des Geschäfts übernehmen. Eurowings fliegt längst alle Stecken, die nicht die Drehkreuze in Frankfurt und München berühren. Discover übernimmt mehr und mehr Ferienflüge an den beiden Hauptbasen. City Airline soll dort im Zubringerverkehr stark wachsen. 2030 sollen mehr Flugzeuge bei City und Discover fliegen als im alten Kernunternehmen, das bis dahin auf den Europastrecken weiter schrumpfen dürfte. Langfristig ist denkbar, dass Lufthansa Airlines nur noch Langstrecken fliegt.

Sind sich die Piloten untereinander einig?

Nicht unbedingt. Wer schon Kapitän bei Lufthansa ist, der hat wenig zu verlieren, auch wenn die Airline schrumpft. Wer aber noch als Erster Offizier fliegt, der hat zwar auf dem Papier künftig gute Gehälter zu erwarten, die er aber in der Realität vielleicht nie erreicht, weil keine oder zu wenige Kapitänsstellen frei werden. Derzeit dauert der Wechsel auf den linken Sitz im Cockpit bis zu 20 Jahre, bei vielen anderen, stark wachsenden Airlines ist es schon binnen drei bis fünf Jahren so weit. Daher gibt es für die Co-Piloten eher einen Anreiz, dem Arbeitgeber Zugeständnisse zu machen. Diesen müsste aber die Tarifkommission für alle Piloten zustimmen.

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