Lufthansa-Mitarbeiter über Streik:"Egoistisches Anspruchsdenken"

Lufthansa Pilots Launch Two-Day Strike

Lufthansa-Maschinen am Flughafen Frankfurt. Geht was oder geht nichts? Das weiß man in diesen Tagen selten.

(Foto: Getty Images)
  • Der seit Wochen immer wiederkehrende Streik der Piloten führt bei Lufthansa intern zu Streit.
  • In einem offenen Brief erhebt das Bodenpersonal schwere Vorwürfe gegen die Piloten.

Von Jens Flottau

Mit den über Wochen immer wiederkehrenden Streiks haben die Piloten der Lufthansa längst Geschäftsreisende und Urlauber gegen sich aufgebracht. Immer mehr Reisende zögern in diesen Tagen, bei Lufthansa zu buchen, denn es ist ungewiss, ob die ausgewählten Flüge tatsächlich stattfinden oder wieder einmal streikbedingt ausfallen.

Doch auch intern sorgt die Strategie der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) mittlerweile für massive Konflikte, wie ein Briefwechsel zwischen VC und Vertretern des Bodenspersonals zeigt, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Aus den Schreiben geht hervor, wie tief mittlerweile die Kluft zwischen den Mitarbeitergruppen ist. Und die Piloten beklagen sich über mangelnde Unterstützung.

Die Lufthansa-Piloten hatten am Montag und Dienstag zuletzt nahezu flächendeckend gestreikt und haben weitere Aktionen angekündigt.

Streiks auf Kosten von Kunden und Mitarbeitern?

Die sogenannten Flight Manager in Frankfurt, die am Boden für die Abfertigung der Flüge zuständig sind, werfen in einem Offenen Brief an die VC ihren Kollegen mangelnde Solidarität vor. Sie beschreiben darin die hohen physischen und psychischen Belastungen, die die häufigen Streiks für die Lufthansa-Mitarbeiter mit sich bringen, die in den Flughafen-Terminals die gestrandeten Passagiere betreuen müssen - "oft bis spät in die Nacht hinein".

"Ihre Streikmaßnahmen werden auf dem Rücken tausender Kunden und Mitarbeiter ausgetragen", heißt es in dem Schreiben weiter. Die Flight Manager sehen "eine kleine Gruppe hochbezahlter Führungskräfte mit sehr großer Streikbereitschaft. Auch Sie sollten wissen, dass ein möglicher Erfolg Ihres sehr egoistischen Anspruchsdenkens nachhaltige Auswirkungen auf den Rest der Belegschaft dieses Unternehmens haben wird." Die Bodenmitarbeiter machen deutlich: "Ihr Vorgehen und Ihre Forderungen in der aktuellen Tarifauseinandersetzung stoßen bei uns allen auf Unverständnis", denn es entstehe ein enormer wirtschaftlicher Schaden und ein "unwiderruflicher Image- und Vertrauensverlust. Wir müssen uns schon jetzt darauf einstellen, dass uns die Auswirkungen nachhaltig begleiten werden."

Harter Konter von der Pilotengewerkschaft

Die VC selbst hat auf das Schreiben der Flight Manager eine deutliche Antwort. "Wir bedauern es sehr, dass Sie am Boden schon lange keinen ernsthaften Versuch mehr unternommen haben, solidarisch für Ihre berechtigen Interessen zu kämpfen - von einem übergreifendem Schulterschluss mit dem fliegenden Personal ganz zu schweigen", so die Tarifkommission der VC. "Sollten wir nicht gemeinsam das Ziel haben, dass es in unserem Unternehmen bei den angekündigten Milliardengewinnen allen Mitarbeitern einigermaßen gut geht?" Die Forderungen des Vorstands führten nur dazu, "dass es uns allen schlechter geht, während sich ein paar wenige Investoren und sogenannte Topmanager die Hände reiben."

Dass die Sparvorschläge bei der Übergangsversorgung der Piloten und in Sachen Produktivität sinnvoll sein könnten, glauben die Verhandlungsführer der Piloten hingegen nicht: "Während der gesamten Zeit konnte die Notwendigkeit der an uns gerichteten, massiven Forderungen trotz wiederholter Bitten nie mit nachvollziehbaren Fakten untermauert werden." Daher gebe es "für keinen Arbeitnehmer einen Grund, auf seinen Anteil am Ertrag eines profitablen Unternehmens zu verzichten."

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