Lufthansa: Interesse an LOT:Der dritte Sanierungsfall

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Nach BMI und Austrian Airlines erwägt die Lufthansa die dritte Übernahme eines maroden Konkurrenten. Im Visier der Deutschen ist die polnische Airline LOT.

Jens Flottau

Die Lufthansa führt erste Gespräche über einen möglichen Kauf der polnischen Fluggesellschaft LOT. Der neue LOT-Chef Sebastian Mikosz bestätigte der Süddeutschen Zeitung ein Sondierungstreffen mit Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber. Dabei sei es aber noch nicht um konkrete Verhandlungen gegangen, sondern um mögliche Konzepte, wie LOT in den Lufthansa-Konzern integriert werden könnte. Mikosz hofft darauf, bis Ende des Jahres eine Vorentscheidung in der Privatisierung zu erreichen. "Wir können nicht länger warten."

Die Lufthansa erwägt die Übernahme der polnischen Fluggesellschaft LOT. (Foto: Foto: Reuters)

Der polnische Staat ist mit 68 Prozent an der Fluggesellschaft beteiligt. Ein 25-Prozent-Anteil, der einst der Swissair gehörte, liegt seit der Pleite der Schweizer Airline bei einem Treuhänder. Die Mitarbeiter kontrollieren sieben Prozent der Anteile. LOT ist seit Jahren defizitär und leidet massiv unter ständigen Wechseln im Topmanagement und anderen Formen staatlicher Einflussnahme. Der Fluggesellschaft macht zudem die Konkurrenz deutlich größerer Anbieter wie Lufthansa zu schaffen. Auch Billigfluggesellschaften spielen in Polen mittlerweile eine sehr große Rolle. Wie Lufthansa ist LOT Mitglied des größten Airline-Bündnisses Star Alliance.

Privatisierung umstritten

Mikosz zufolge wird die polnische Regierung bis Mitte Juni einen Berater für die Privatisierung ernennen, der dann ein Bieterverfahren organisieren würde. Im ersten Schritt würde der Staat 51 Prozent der Anteile behalten, sich jedoch über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren vollständig zurückziehen. Die Privatisierung von LOT ist in Polen allerdings noch politisch umstritten.

"Wir ziehen einen industriellen Partner klar vor", betont Mikosz. "Lufthansa ist natürlich der Erste, an den wir uns wenden." Für Lufthansa spreche, dass die beiden Unternehmen seit Jahren eng zusammenarbeiten. Mikosz spricht sich dagegen aus, LOT an Finanzinvestoren zu verkaufen. Diese hätten ausschließlich die Gewinnmaximierung im Blick. "Es ist aber unmöglich, politische Aspekte außer Acht zu lassen. Wir sind immer noch die nationale Airline Polens."

Lufthansa-Allianzchef Götz Ahmelmann betonte, von einem möglichen Einstieg müssten beide Seiten profitieren. Es gebe derzeit aber keine Verhandlungen mit LOT. Die Lufthansa wartet derzeit auf die Zustimmung der Europäischen Kommission, Austrian und Brussels Airlines übernehmen zu dürfen. Die Kommission hat bereits den Kauf der britischen Fluggesellschaft BMI genehmigt, allerdings streiten sich die beiden Unternehmen derzeit noch gerichtlich über die wirtschaftlichen Bedingungen.

LOT könnte auf ähnliche Weise in den Konzern integriert werden, wie die Lufthansa das für Brussels und Austrian plant und bei Swiss bereits umgesetzt hat: Die Fluggesellschaften bleiben mit eigener Marke und Management erhalten, arbeiten aber innerhalb der Gruppe eng zusammen. Allerdings ist fraglich, ob sich Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber mit LOT noch einen weiteren Sanierungsfall antun will. Schon Austrian, vor allem aber BMI drohen den Konzern über Jahre finanziell zu belasten.

Andererseits würde ein Einstieg bei LOT der Lufthansa eine besonders starke Position in Osteuropa sichern. Dort ist sie bereits mit eigenen Flügen stark vertreten, auch die baldige neue Konzerntochter Austrian sieht Osteuropa als wichtiges Verkehrsgebiet. Lufthansas größter europäischer Konkurrent AirFrance-KLM will ihren Allianzpartner CSA Czech Airlines übernehmen und ist im Privatisierungsverfahren des Staatsunternehmens derzeit einer von zwei verbliebenen Bietern.

© SZ vom 28.05.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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