Süddeutsche Zeitung

Lufthansa:Im Dienste der Regierung

Ex-Flughafenchef Kerkloh und Hafenmanagerin Titzrath werden Aufseher.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Michael Kerkloh hatte es eigentlich richtig gemacht. Bis er 67 war, blieb er Chef der Flughafen München Gesellschaft (FMG), weil ihm der Job so viel Spaß gemacht hat. Dann, Ende 2019, ging er in den Ruhestand, kurz bevor die Corona-Krise praktisch jedem in der Luftfahrt den Spaß verdarb.

Kerkloh hat es aber nicht lange im Ruhestand ausgehalten. Am Freitag bestätigte die Lufthansa, dass Kerkloh in den Aufsichtsrat der größten deutschen Fluggesellschaft rückt. Mit ihm wird auch die 54-jährige Angela Titzrath, Vorstandsvorsitzende des Hamburger Hafenbetreibers HHLA, Mitglied des Gremiums. Beide ersetzen Monika Ribar und Martin Koehler. Die Berufung von Titzrath und Kerkloh ist Teil einer Vereinbarung des Unternehmens mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) der Bundesregierung, der der Lufthansa mit neun Milliarden Euro geholfen hatte, seither 20 Prozent der Anteile hält und Anspruch auf zwei Mitglieder im Aufsichtsrat hat. Das Vorschlagsrecht lag bei Aufsichtsratchef Karl-Ludwig Kley.

Kerkloh und Titzrath stoßen in äußerst kritischer Lage dazu, denn von Stabilisierung kann zumindest in Sachen Nachfrage nicht mehr die Rede sein. Auch die Aktie hat seit Anfang Juni, als ihr Wert bei fast zwölf Euro lag, wieder deutlich verloren und wurde am Freitag bei knapp über neun Euro gehandelt. Die Bundesregierung hatte am Donnerstag neue Reiserichtlinien beschlossen, die von Oktober an unter anderem eine Quarantäne-Pflicht für Passagiere aus Risikogebieten beinhalten. Die Lufthansa wie auch der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) befürchten nun, dass die Buchungen in die betroffenen Regionen und Länder auf nahezu Null einbrechen, nachdem die Fluggesellschaften gerade erst begonnen hatten, ihre Streckennetze wiederaufzubauen. Die Finanzplanung wackelt also bedenklich - trotz staatlicher Hilfen.

Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister kritisierte im Spiegel, dass auch die Corona-Tests an den Flughäfen wieder abgeschafft werden. "Die Testmöglichkeit hat den Menschen erstmals eine gewisse Sicherheit beim Reisen gegeben, die droht nun wieder wegzufallen." Daher sei die Fluggesellschaft "für den September und Oktober nicht mehr so optimistisch, wie wir das noch vor Kurzem waren". Branchenvertreter kritisieren, wie ungleich sie behandelt würden: Eine Quarantäne müsse es streng genommen auch für innerdeutsche Reisende aus Städten mit hohen Infektionszahlen geben, wenn der gleiche Maßstab wie bei Flugreisen aus Risikogebieten angelegt werde, so ein Airline-Manager. Das Problem seien nicht die Reisen, sondern dass sich manche nicht an die Hygieneregeln halten, egal ob zu Hause oder unterwegs.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2020
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