Süddeutsche Zeitung

Luftfahrt:Lufthansa-Aktionäre stimmen Staatshilfen zu

Es geht um neun Milliarden Euro für den Konzern. Die Aktionäre votieren auf der außerordentlichen Hauptversammlung mehrheitlich für den Staatseinstieg.

Die Aktionäre der Lufthansa haben bei der außerordentlichen Hauptversammlung zugestimmt, dass der Staat für rund 300 Millionen Euro als Anteilseigner einsteigt. Damit fest verbunden ist das neun Milliarden Euro schwere Rettungspaket, das in den Wochen zuvor mühsam zwischen Frankfurt, Berlin und Brüssel ausgehandelt worden ist.

Unmittelbar vor der Hauptversammlung hatte Großaktionär Heinz Hermann Thiele seine Zustimmung zu dem milliardenschweren Rettungspaket signalisiert. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitierte Thiele mit den Worten: "Es liegt im Interesse aller Lufthansa-Mitarbeiter, dass das Management zügige Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die nötige Restrukturierung führen kann." Der 79 Jahre alte Milliardär hatte zuvor die Bedingungen des Rettungspakets noch scharf kritisiert. Den geplanten Staatseinfluss hielt er für zu groß, den Preis für die Beteiligung zu hoch und das Ausstiegsszenario fast unerfüllbar. Während der virtuellen Hauptversammlung versuchte Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley, die Anleger mit deutlichen Worten zu überzeugen: "Wir haben kein Geld mehr", sagte er. Ohne das Unterstützungspaket, für das eine Zweidrittelmehrheit notwendig war, drohe der Airline in den nächsten Tagen die Insolvenz. Diese oder ein abgeschwächtes Schutzschirmverfahren sei "kein Drohszenario, sondern eine reale Gefahr", sagte Personal- und Rechtsvorstand Michael Niggemann.

Der Konzern hatte sich deshalb nach Worten von Vorstandschef Carsten Spohr auch auf ein mögliches Scheitern des staatlichen Rettungsplans vorbereitet. "Der Vorstand wird, falls die Stabilisierungsmaßnahmen nicht umgesetzt werden können, versuchen, ein sogenanntes Schutzschirmverfahren zu beantragen", hieß es in der Einladung zur Hauptversammlung. Unbedingt verhindert werden solle der abrupte Stopp des Flugbetriebs, das "Grounding". Über dann nötige Überbrückungskredite wolle Spohr schnell mit dem Staat sprechen.

Lufthansa einigt sich mit Gewerkschaft Ufo auf Sparpaket

Derweil einigten sich das Unternehmen und die Gewerkschaft Ufo auf ein Krisenpaket für die Flugbegleiter mit Einsparungen von mehr als einer halben Milliarde Euro. Das teilten Lufthansa und Kabinengewerkschaft Ufo in der Nacht zum Donnerstag mit. Das Paket umfasst laut Ufo einen vierjährigen Kündigungsschutz sowie ein Einsparvolumen von über einer halben Milliarde Euro bis Ende 2023. Die Lufthansa teilte mit, unter anderem würden Vergütungsanhebungen ausgesetzt sowie die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung zeitweise reduziert.

Die deutschen Flughäfen warnten unterdessen vor der außerordentlichen Hauptversammlung vor großen Folgen für den Flugverkehr, sollte die Lufthansa geschwächt werden. "Es ist wichtig, dass wir hier in Deutschland die Lufthansa haben, in normalen Zeiten gibt es etwa 600 Flugziele, die von deutschen Flughäfen erreichbar sind", sagte der Geschäftsführer des Flughafenverbandes ADV, Ralph Beisel, der Augsburger Allgemeinen. "Fiele die Lufthansa aus oder würde stark geschwächt, würde das Netz ausgedünnt", warnte Beisel. "Wettbewerber könnten das nicht ausgleichen. Billigflieger haben ein anderes Geschäftsmodell."

Airlines wie Ryanair haben Lufthansa schon lange mit billigen Flugtickets zugesetzt. Lufthansa-Chef Spohr rechnet trotz der Corona-Krise nicht mit steigenden Preisen im Luftverkehr - im Gegenteil. "Spontan würde ich sagen, zunächst gehen Preise zurück, weil zu viel Angebot im Markt ist - aber nicht alle Airlines werden Corona langfristig überstehen." Der Manager glaubt, dass viele Termine, für die bisher Geschäftsreisen nötig waren, auch in Zukunft durch Videokonferenzen ersetzt werden: "Das wird teilweise so bleiben und in der Folge zu geringerem Wachstum im Luftverkehr führen."

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