Lufthansa:Eine Chance für den Swiss-Chef

Es gibt viele Kandidaten für die Nachfolge von Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber - doch Swiss-Chef Christoph Franz gilt als Favorit. Der wollte einst das Preissystem der Bahn revolutionieren.

Jens Flottau

Wenn alles so läuft wie beim letzten Mal, dann werden sich die Beteiligten nicht mehr lange gedulden müssen. Irgendwann im Laufe des Jahres 2009 wird dann voraussichtlich Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber die Börse per Ad-hoc-Mitteilung informieren lassen, dass der Konzernvorstand um einen stellvertretenden Vorsitzenden erweitert wird.

Dieser wird dann designierter Nachfolger von Mayrhuber, der bei der Hauptversammlung der Lufthansa in der vergangenen Woche erstmals bestätigt hat, dass er Ende 2010 mit dann 63 Jahren aufhören wird.

Wer aber wird Mayrhuber-Nachfolger? Spätestens mit der Ankündigung des aktuellen Amtsinhabers ist das interne Rennen eröffnet und es gibt mindestens drei, vielleicht vier Kandidaten, die sich Hoffnungen machen, bald oberster Lufthanseat zu werden.

Personalvorstand Stefan Lauer, Finanzchef Stefan Gemkow, Christoph Franz (Chef der Schweizer Tochtergesellschaft Swiss International Air Lines) und Lufthansa Cargo-Vorstandschef Carsten Spohr. Der 41-Jährige hat wohl die schlechtesten Karten. Er gilt zwar als kommender Mann im Konzern und Ziehsohn von Aufsichtsratschef Jürgen Weber, 2010 dürfte aber noch zu früh sein für den Sprung ganz nach oben. Die Indizien sprechen dafür, dass Franz unter den übrigen drei derzeit der Favorit ist.

Dass Lufthansa einen externen Kandidaten holt, gilt als nahezu ausgeschlossen. Das Unternehmen legt Wert auf Kontinuität und steht prominenten Quereinsteigern traditionell skeptisch gegenüber. Stefan Lauer ist seit langem (2000) Mitglied des Konzernvorstandes und hat den Vorteil, über eine lange Karriere bei Lufthansa gut vernetzt zu sein.

Blaupause für die Konsolidierung der Branche

Der ehemalige Büroleiter des Frankfurter Oberbürgermeisters Walter Wallmann (CDU) ist auch politisch besser verdrahtet als seine Konkurrenten. Allerdings hat er als Personalvorstand den wohl undankbarsten Posten und muss sich mit den zuweilen renitenten Piloten herumärgern. Lauer hat sich, so berichten Insider, bei den internen Diskussionen über große strategische Fragen eher zurückgehalten und wenige Impulse geliefert. Der 53-Jährige gilt intern nichtsdestoweniger als machtbewusst und ehrgeizig.

Sein Vorstandskollege Gemkow ist fünf Jahre jünger, aber wie Lauer seit 1990 bei der Lufthansa. Bevor er 1997 Investor-Relations-Chef wurde, war Gemkow unter anderem drei Jahre lang Verkaufsleiter in Washington. Fachlich gilt Gemkow allemal als fähig, den Vorstandsvorsitz zu übernehmen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob er wirklich den eher ungewöhnlichen Sprung in der deutschen Wirtschaft vom Finanzchef zum Konzernlenker schaffen kann. Gemkow war bei vielen Entscheidungen der Mayrhuber-Ära eher die warnende Stimme im Hintergrund als ein begeisterter Unterstützer der Konzernlinie. Ein gutes Stück inhaltliche und wohl auch menschliche Distanz zwischen den beiden ist immer geblieben.

Das ist zwischen Konzernchef Mayrhuber und dem Swiss-Chef Christoph Franz ganz anders. Sie können auf einen großen gemeinsamen Erfolg zurückblicken - nämlich Swiss saniert und integriert zu haben. Mayrhuber verdankt Franz viel, weil ihm damit eine Art Blaupause in der anstehenden Konsolidierung der Branche gelungen ist. Weil der Fall Swiss funktioniert hat, öffnen sich der Lufthansa nun wohl auch anderswo die Türen leichter.

Von Mehdorn gefeuert

Franz verdankt Mayrhuber einen guten Teil seiner Rehabilitation als Topmanager. Schließlich war er wegen des gescheiterten neuen Preissystems bei der Deutschen Bahn einst von Hartmut Mehdorn als Verkaufsvorstand hinausgeworfen worden - bei der Swiss konnte Franz seine zweite Chance nutzen und kann damit als einziger Kandidat einen wirklich messbaren Erfolg vorweisen.

Neben den bislang günstigen Rahmenbedingungen half Franz der Umstand, dass er als Deutscher nichts zu tun hatte mit innerschweizerischen Intrigen. Auch wegen seiner immer verbindlichen und bescheidenen Art gelang es ihm, harte Sparmaßnahmen intern durchzusetzen. Es gibt schon jetzt erste Anzeichen, dass Franz für höhere Aufgaben vorbereitet wird. So darf er den Konzern als Mitglied des Aufsichtsrates der amerikanischen Billig-Airline JetBlue Airways vertreten, an der sich die Lufthansa gerade mit 19 Prozent beteiligt hat.

Für Franz spricht auch, dass er wohl das Vertrauen des immer noch äußerst einflussreichen Aufsichtsratschefs Jürgen Weber genießt. Franz war Anfang der 90er Jahre bei seinem ersten Lufthansa-Engagement Mitglied des Teams, das die damals fast bankrotte Fluggesellschaft unter dem neuen Vorstandschef Weber sanierte. Die Unterstützung Mayrhubers allein dürfte für keinen Kandidaten auf den Spitzenposten reichen, zumal das Verhältnis zwischen Weber und Mayrhuber mittlerweile distanzierter sein soll als in der Vergangenheit.

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