Lufthansa:Billige Tickets, weniger Gewinn

Preiskampf am Himmel: Flüge werden angesichts der starken Konkurrenz immer günstiger. Die Fluggesellschaften leiden darunter, Lufthansa muss jetzt einen überraschend starken Ertragseinbruch verkünden.

Von Caspar Busse

International Flight Operations at Tegel Airport

Was Kunden freut, bereitet der Lufthansa Probleme. Die meldet nun wegen sinkender Ticketpreise einen Ertragseinbruch.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Die Passagiere freuen sich, für die Umwelt ist es eine Belastung, und jetzt leiden auch die Airlines: Die Preise für Flugtickets in Europa, besonders in Deutschland, werden immer günstiger, weil die Konkurrenz unter den Billigfluggesellschaften größer wird. Dazu kommen steigende Kosten für Kerosin, Personal und Wartung. Lufthansa, die größte europäische Fluggesellschaft, bekommt all das überraschend deutlich zu spüren. Der operative Gewinn des Dax-Konzerns ging im zweiten Quartal um 25 Prozent auf 754 Millionen Euro zurück, wie Lufthansa am Dienstag mitteilte. Die Aktie gab zwischenzeitlich auf nur noch 14 Euro nach, den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Anfang vergangenen Jahres lag sie noch mehr als doppelt so hoch. Auch die Aktien anderer Fluggesellschaften verloren. Zum Konzern gehört neben der Marke Lufthansa auch Eurowings, Swiss und Austrian.

Die Lage ist durchaus besorgniserregende: Denn die Zahl der Fluggäste geht gleichzeitig nach oben, der Umsatz erhöhte sich im abgelaufenen Quartal um vier Prozent auf 9,6 Milliarden Euro. Wenn bei steigendem Umsatz der Gewinn zurückgeht, ist das ein schlechtes Zeichen. Vieles spricht dafür, dass die Fluggesellschaften mit billigen Tickets ihre Maschinen voll machen, die ansonsten halb leer fliegen würden.

Die Airlines machen sich gegenseitig für die schwierige Lage verantwortlich

Lufthansa-Finanzvorstand Ulrik Svensson betonte am Dienstag, man werde auf den besonders hart umkämpften Heimatmärkten Deutschland und Österreich mit der Tochter Eurowings den Billigfliegern Paroli bieten. Der Kampf um die Passagiere mit niedrigen Preisen werde noch das gesamte Jahr und womöglich auch 2020 noch weitergehen. "Wir müssen sicherstellen, dass wir sie bekämpfen", sagte der Schwede ungewöhnlich deutlich. Normalerweise ist Svensson sehr zurückhaltend.

Noch im Mai hatte Lufthansa steigende Ticketpreise in Aussicht gestellt, doch das konnte nicht erreicht werden. Mitte Juni dann hatte das Unternehmen mitgeteilt, das die Planung wegen des schwachen Geschäftsverlaufs deutlich nach unten korrigiert werden muss. Seitdem wird mit einem Rückgang des bereinigten Betriebsgewinns um bis zu 28 Prozent gerechnet. Im ersten Halbjahr wurde nun unter dem Strich einen Verlust von 116 Millionen Euro gemacht. Das Minus bei Eurowings stieg weiter an. Und die Aussichten sind nicht gut: Die Risiken durch Handelsauseinandersetzungen und die globale Konjunkturabkühlung würden wachsen, sagte Svensson. Die Probleme in Deutschland und Europa wurden zuletzt teilweise durch profitablere Langstreckenflüge nach Nordamerika und Asien ausgeglichen.

Die Billigfluglinie Ryanair bekommt das ebenfalls zu spüren. Der Gewinn ging im abgelaufenen Quartal um mehr als 20 Prozent zurück, gleichzeitig erhöhte sich auch hier die Zahl der Fluggäste um elf Prozent auf 42 Millionen. Unternehmenschef Michael O'Leary teilte mit, dass die Kosten für Sprit und das Personal steigen, dazu kommen Unsicherheiten durch den Brexit und Probleme mit den Boeing-Flugzeugen vom Typ 737 Max, die derzeit nicht fliegen dürfen. Gleichzeitig senkt auch Ryanair die Preise für Tickets im Durchschnitt um sechs Prozent, damit die Flieger voll werden. Im Durchschnitt zahlt ein Ryanair-Passagier nun 55 Euro pro Flug, inklusive aller Zusatzleistungen wie Gepäck zum Aufgeben oder Essen an Bord. Easyjet hatte im ersten Halbjahr Verluste gemacht wegen der gesunkenen Ticketpreise und dem teureren Treibstoff.

Der Streit ist in vollem Gange. Die Lufthansa verkaufe ihre überschüssigen Tickets unterhalb ihrer eigenen Kosten, kritisierte Ryanair-Chef O'Leary am Montag. Seiner Ansicht nach habe Lufthansa mit ihrer Tochter Eurowings seit der Übernahme größerer Teile der insolventen Air Berlin zu viel Kapazitäten. Umgekehrt wirft Lufthansa Billiganbietern wie Easyjet und Ryanair immer wieder vor, für Marktanteile in Deutschland Verluste in Kauf zu nehmen. So ist beispielsweise die Konkurrenz auf der Strecke zwischen München und Berlin besonders groß. Hier fliegen Lufthansa und Easyjet. Die Folge: Tickets sind oft günstiger als eine Bahnfahrt zwischen den beiden Städten.

Die Lufthansa stemmt sich mit einem Katalog von rund 400 Maßnahmen gegen den Druck am Markt - zum Beispiel, indem die Frachtsparte Lufthansa Cargo einige Maschinen auf dem Boden lässt. Bei der Billigtochter Eurowings beginne der im Juni angekündigte Sparplan zu greifen, hießt es. Im ersten Halbjahr lagen die Kosten bei Eurowings sechs Prozent unter Vorjahr. Der Konzern setzt auch darauf, dass die Geschäftsreisebuchungen sich im September wieder verbessen und sich auch die Nachfrage nach Luftfracht erholt.

Zu Spekulationen über die mögliche Schaffung einer Holding, unter der die einzelnen Fluggesellschaften autonomer agieren könnten, sagte Finanzmann Svensson, eine grundlegende Änderung der Konzernstruktur sei nicht geplant. Lufthansa sei mit der vor einigen Jahren eingeführten Matrix-Organisation, die eine zentrale allgemeine Konzernsteuerung mit einer dezentralen Führung der Marken verbindet, sehr zufrieden: "Es gibt keine Ideen oder Pläne, das zu ändern."

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