Lufthansa:Ärger am Boden

Die Streiks der Piloten spalten die Belegschaft. Der Betriebsrat Boden hat seinem Ärger nun Luft gemacht. Er will den Forderungen der Gewerkschaft Cockpit nicht still zusehen.

Von jens flottau, Frankfurt

Die Piloten der Lufthansa stoßen mit ihrem Streik auf den offenen Widerstand anderer Mitarbeiter. Der Betriebsrat "Boden" (der für alle nichtfliegenden Mitarbeiter zuständig ist) hat für Mittwoch zu einer Gegendemonstration vor der Konzernzentrale aufgerufen und kritisiert die Vorgehensweise der Piloten scharf. Der Streik diene "der Durchsetzung von Partikularinteressen auf Kosten aller anderen Mitarbeiter". Die Piloten hatten am Dienstag zum fünften Mal innerhalb einer Woche die Arbeit niedergelegt und setzen ihren Ausstand am Mittwoch fort. Lufthansa musste insgesamt mehr als 5000 Flüge streichen, mehr als eine halbe Million Passagiere waren betroffen. Am Montagabend war das Unternehmen mit einem Versuch, den Ausstand per einstweiliger Verfügung zu stoppen, gescheitert. Die Lufthansa-Aktie verlor am Dienstag 2,6 Prozent ihres Wertes. Analysten gehen davon aus, dass das Unternehmen die Ergebnisprognose für 2016 nicht wird halten können. Lufthansa hatte zuletzt vorhergesagt, den operativen Gewinn des Jahres 2015 in Höhe von rund 1,8 Milliarden Euro erneut erreichen zu können.

"Wir können nicht aufgrund von falsch verstandener Solidarität still zusehen"

Der Betriebsrat "Boden" fordert nun, der Arbeitskampf müsse "schnell beendet werden. Er bedroht den Bestand unseres Unternehmens". Vertreter aller Gruppen müssten sich verantwortungsvoll verhalten. "Eine Motivation, die sich fast ausschließlich aus machtpolitischen Interessen speist, ist fehlgeleitet und nicht ausreichend."In dem Schreiben heißt es, "durchaus einschneidende Veränderungen" seien nötig, weil die aktuelle Lage der Lufthansa "mehr als herausfordernd" sei. In einer solchen Lage sei Solidarität gefragt. Aber "der aktuelle Streik der VC ist leider das genaue Gegenteil", so der Betriebsrat.

Lufthansa-Pilotenstreik

Bleiben am Boden: Lufthansamaschinen in Frankfurt am Main.

(Foto: Arne Dedert/dpa)

Die Initiative des Betriebsrates kommt Lufthansa-Chef Carsten Spohr gelegen, der erst in der vergangenen Woche deutlich gemacht hat, sein Unternehmen habe keine Überlebenschance, wenn es den Forderungen der VC nachgeben würde. Andererseits zeigt das Vorgehen auch, dass weite Teile des Unternehmens die Haltung der Piloten ablehnen. Die letzte Gruppe, die sich noch einigermaßen still verhält, sind die Flugbegleiter. Doch auch bei ihnen rumort es mittlerweile erheblich, denn die Forderungen der VC haben schon in den vergangenen vier Jahren dazu beigetragen, dass die Lufthansa-Flotte auf weniger als 300 Flugzeuge geschrumpft ist. Das wiederum hat negative Folgen für die Karrierechancen auch in der Kabine.

Der Betriebsrat "Boden" begründete den ungewöhnlichen Schritt, öffentlich gegen die Kollegen im Unternehmen zu protestieren: "Wir können nicht aufgrund von falsch verstandener Solidarität gegenüber den Forderungen der VC still zusehen, wie wir in immer schlechteres Wetter geraten." Er fordert die Piloten auf, den Konzernumbau "konstruktiv zu begleiten". Und "Tarifforderungen müssen sich den realen Marktbedingungen stellen". Die Piloten fordern rund 20 Prozent mehr Geld, weil ihr Vergütungstarifvertrag in den vergangenen vier Jahren nicht mehr verbessert worden ist. Lufthansa bietet 2,5 Prozent mehr und fordert Einsparungen an anderer Stelle, um gegen die Billig-Konkurrenz in Europa besser gewappnet zu sein. Gleichzeitig will sie freie Hand bei der Billig-Sparte Eurowings, die die Piloten als Bedrohung sehen.

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