Luftfahrtbranche:Fraport-Chef flirtet mit der Konkurrenz

Fraport-Chef Schulte liebäugelt mit dem Rivalen aus Bayern. Die Münchener lässt er wissen: Am Geld soll es nicht scheitern.

Caspar Busse und Jens Flottau

Seit September 2009 ist Stefan Schulte, 49, Chef der Fraport AG. Das börsennotierte Unternehmen betreibt vor allem den Frankfurter Flughafen, der drittgrößte in Europa. Schulte ist ein Seiteneinsteiger: Er begann seine Karriere bei der Deutschen Bank, wurde 2001 Finanzvorstand beim Motorenbauer Deutz, kam 2003 in gleicher Funktion zu Fraport und beerbte schließlich den langjährigen Flughafenchef Wilhelm Bender. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit kündigte Schulte eine kräftige Preiserhöhung für die Fluglinien an.

Schult, Foto: ddp

Führt seit September den Flughafenkonzern Fraport: Stefan Schulte. Trotz des geplanten Berliner Großflughafens glaubt er an den Frankfurter Standortvorteil.

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SZ: Herr Schulte, wann sind Sie das letzte Mal mit Lufthansa geflogen?

Schulte: Gestern auf dem Weg nach München.

SZ: Wie ist Ihr Verhältnis zur Lufthansa? Es gilt als angespannt.

Schulte: Das Verhältnis ist gut und professionell. Der Frankfurter Flughafen hat Lufthansa und Star Alliance sehr viel zu verdanken. Denn nur mit diesen Partnern haben wir in Deutschland unsere herausragende Stellung erreicht, sowohl im Fracht- als auch im Passagiergeschäft.

SZ: Aber Ihre Interessen laufen oft gegen die der Lufthansa, etwa bei den Gebühren.

Schulte: Die Interessen der Lufthansa und des Flughafens sind weithin identisch, weil wir nur gemeinsam ein gutes Produkt hinbekommen. Wir wollen mit der neuen Landebahn und der Lufthansa im interkontinentalen Bereich wachsen. Das ist die Funktion, die der Frankfurter Flughafen hat. Auf der kaufmännischen Seite hat jedes Unternehmen sein eigenes Konto. Da muss man auch einmal kontroverse Themen fair und sachgerecht diskutieren können.

SZ: Können Sie die Klagen der Lufthansa und anderer Fluglinien gegen immer höhere Gebühren denn verstehen?

Schulte: Aus Sicht einer Airline ja. Gerade jetzt müssen die Fluglinien mit niedrigeren Ticketpreisen klarkommen. Auf der anderen Seite muss man berücksichtigen, dass wir als Flughafenbetreiber eine Infrastruktur bereitstellen, die deutlich teurer ist als vor 20 Jahren. Wir können auf der gleichen Landebahn nicht mehr Flugzeuge abfertigen als vor 20 Jahren, weil die Sicherheitsbestimmungen immer noch die gleichen sind. Jetzt haben wir uns geeinigt, die notwendigen Gebührenerhöhungen nach hinten zu verschieben. Die Fluglinien werden damit im schwierigen Jahr 2010 entlastet.

SZ: Die Lufthansa ist an Fraport beteiligt. Wie unangenehm ist das für Sie?

Schulte: Wir hätten sicherlich ein Problem damit, wenn ein Flughafen einer Airline alleine gehören würde, weil damit die Neutralität gegenüber allen anderen Anbietern nicht mehr gewahrt wäre. Die relativ geringe Beteiligung von weniger als zehn Prozent bestätigt unsere enge geschäftliche Verbindung.

SZ: Nach dieser Logik wäre es nicht sinnvoll, wenn wie in München ein Flughafen mit einer Airline gemeinsam ein Terminal betreibt, oder?

Schulte: In der Regel ist eine solche Konstruktion nicht sehr wirtschaftlich, weil keine Airline ein Terminal alleine den ganzen Tag voll auslasten kann. In München hat sich das Thema vor einem anderen historischen Hintergrund ergeben. Für Frankfurt wäre das kein Modell.

SZ: Der Flughafen München ist der größte Konkurrent für Frankfurt in Deutschland. Können Sie sich vorstellen, sich am Flughafen München zu beteiligen?

Schulte: Wenn die Eigentümer des Flughafens sich morgen zu einem Verkauf entscheiden würden, dann würden wir selbstverständlich den Finger heben. Natürlich könnte ich mir ein Zusammengehen mit München vorstellen. Das Thema ist aber nicht aktuell, also blanke Theorie.

SZ: Was würde das bringen?

Schulte: Es gäbe sicherlich Synergien, wenn wir die Flughäfen in Frankfurt und München gemeinschaftlich betreiben. Aber wie gesagt: Es ist ein Thema aus "Phantasialand".

SZ: Hätten Sie die finanziellen Mittel?

Schulte: Das wäre kein Problem, da gäbe es Lösungsmöglichkeiten.

"Der Flughafen Frankfurt ist geopolitisch unschlagbar"

SZ: Hochtief hat gerade versucht, sein Flughafengeschäft abzugeben, der Börsengang scheiterte dann. Warum hatten Sie kein Interesse?

Schulte: Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Hochtief geplant, einen Minderheitsanteil abzugeben. Für uns sind in der Regel Minderheitsbeteiligungen nicht interessant, wir wollen die Mehrheit oder Managementeinfluss. Wenn Hochtief morgen über den Verkauf einzelner Flughafenbeteiligungen mit uns reden möchte, kennen die ja unsere Adresse.

SZ: Haben Sie Bedenken, dass der neue Berliner Flughafen für Sie eine starke Konkurrenz wird?

Schulte: Die Stärke Frankfurts resultiert aus der wirtschaftlich sehr starken Region. Wir haben einen großen Einzugsbereich, der 35 Millionen Menschen umfasst. Passagiere aus einem Umkreis von 200 bis 300 Kilometern kommen nach Frankfurt, um hier abzufliegen, beispielsweise per ICE aus Köln. Wir haben mehr Hinterland als Berlin oder München. Wir liegen einfach in der Mitte Deutschlands, ein geopolitisch unschlagbarer Vorzug.

SZ: Wird München jemals so groß sein wie Frankfurt?

Schulte: Ja, wie Frankfurt heute schon, aber dann werden wir längst über die heutige Größe von London-Heathrow hinausgewachsen sein.

SZ: Wenn Sie Ihre zusätzliche Landebahn bekommen, stellt sich doch die Frage, ob Sie nicht dann neue Möglichkeiten für Anbieter wie Easyjet schaffen, selbst wenn ein großer Teil der neuen Slots wieder an die Lufthansa geht.

Schulte: Wir haben einen ganz klaren Rechtsrahmen. Die Vergabe der Slots obliegt dem Flughafenkoordinator und nicht der Fraport AG.

SZ: Aber Sie könnten auf die Idee kommen, ein Billig-Terminal zu bauen und dort geringere Gebühren zu verlangen?

Schulte: Der Frankfurter Flughafen will insbesondere im interkontinentalen Bereich wachsen und nicht Verbindungen aus dem Nirgendwo ins Nirgendwo anbieten. Dafür brauchen Sie aber Zubringerverkehr. Wir freuen uns, wenn das Lufthansa und die Star Alliance machen, aber natürlich können und werden auch andere Airlines europäische Metropolen mit starkem Aufkommen an Frankfurt anbinden. Das kann Easyjet sein oder Air Berlin, oder andere, das wird man abwarten müssen. Und wir werden definitiv kein Billig-Terminal bauen.

SZ: Sie betreiben ja nicht nur den Frankfurter Flughafen, sondern auch andere. Werden das noch mehr werden?

Schulte: Wir werden das internationale Geschäft weiter ausbauen und schauen uns weitere Projekte an. Wir können uns noch ein oder zwei Projekte in China vorstellen. Und wir schauen uns noch ein bis zwei Regionen an, in denen die Flughafeninfrastruktur noch effizienter entwickelt werden kann, das Wachstum aber hoch ist. Derzeit entwickeln sich unsere internationalen Investitionen wie Antalya, Lima oder Xian gut.

Die Talsohle in der Luftfahrtkrise ist durchschritten

SZ: Ihre Verkehrszahlen im Dezember sahen wieder besser aus. Ist die Talsohle durchschritten?

Schulte: Die Talsohle ist klar durchschritten. Die Frachtzahlen waren ja sehr gut, aber auch bei den für uns wichtigen Langstreckenpassagieren sehen wir einen positiven Trend. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend 2010 und 2011 fortsetzt, wenn auch mit einigen Wellenbewegungen. Die Passagierzahlen werden bei uns 2010 um ein bis zwei Prozent steigen. Wenn das weltweite Wirtschaftswachstum aber stärker ausfällt als derzeit prognostiziert, dann kann das auch zu einem stärkeren Wachstum führen.

SZ: Aber es gibt auch Risiken in die andere Richtung.

Schulte: Klar, wenn es Terroranschläge gibt oder sich neue Risiken in der Finanzwirtschaft auftun, dann sieht die Sache wieder anders aus. Derzeit gehen wir aber von einer deutlichen Steigerung des operativen Ergebnisses aus, 600 Millionen Euro oder mehr, was wir angesichts der hohen Investitionen auch brauchen. Für 2009 haben wir zuletzt 530 bis 540 Millionen vorausgesagt. Und da wir im Vorfeld immer konservativ rechnen, können Sie davon ausgehen, dass wir zumindest im oberen Bereich dieser Bandbreite liegen. Die Steigerung kommt vor allem aus dem internationalen Geschäft.

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