Luftfahrt-Strategie der Bundesregierung:Von der Schwierigkeit, die Flughöhe zu halten

Die Bundesregierung will mehr Macht bei Airbus - das ist Teil der neuen Luftfahrt-Strategie. Das Ziel: Europäische Anbieter sollen sich mit sparsameren, leiseren und emissionsärmeren Flugzeugen auf dem Markt positionieren. Das ist gar nicht so einfach, denn die Konkurrenz holt auf.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Was wäre die zivile Luftfahrt wohl ohne staatliches Engagement. "Die Alleinstellung amerikanischer Anbieter auf dem Markt für große Verkehrsflugzeuge", so hält auch die neue "Luftfahrtstrategie" der Bundesregierung fest, "konnte nur durch die Entscheidung der europäischen Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien zur Gründung und Förderung von Airbus durchbrochen werden." Und weil durch diese "erhebliche gemeinsame Anstrengung" mittlerweile Augenhöhe mit Boeing erreicht sei, kommt nun Phase zwei: Flughöhe erreicht - und halten. So ungefähr sieht es die Strategie vor, die das Kabinett am Mittwoch verabschiedet hat.

Flughöhe halten - das ist gar nicht so einfach, denn auch andere Staaten haben Interesse an dem Geschäft: Russland und China arbeiten an eigenen Flugzeugen für den Regionalverkehr, Indien und selbst die Vereinigten Arabischen Emirate fördern einen eigenen Luftfahrtsektor. Da sind sie wieder, die staatlichen Eingriffe - nur diesmal verschärfen sie den Wettbewerb für die deutsche Luftfahrtindustrie. "Vor diesem Hintergrund ist es ein langfristiges und grundsätzliches Ziel, den staatlichen Einfluss in der Luftfahrtindustrie weltweit zurückzudrängen", heißt es in dem Strategie-Papier aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Nötig seien "weltweit ausgeglichene" Wettbewerbsbedingungen.

Gleichwohl möchte die Bundesregierung den deutschen Einfluss bei der EADS-Tochter Airbus noch ausbauen. Erst kürzlich war der Bund über die Staatsbank mit einem Anteil von zwölf Prozent zu den Hauptaktionären des EADS-Konzerns aufgestiegen. Nun fordert er für die deutsche Luftfahrtindustrie eine "Führungsrolle bei künftigen Airbus-Programmen". Nötig sei in Zukunft ein "Gleichgewicht der Verantwortlichkeiten" an den verschiedenen Airbus-Standorten. Zuletzt seien stattdessen vermehrt Tätigkeiten an den Hauptsitz in Toulouse abgewandert. Konflikte mit den Partnern in Frankreich sind da nicht fern.

Produkte mit 15 bis 20 Jahren Vorlaufzeit

Die Strategie soll vor allem helfen, nach vorn zu blicken - in einer Branche, deren Produkte auch gerne einmal 15 oder 20 Jahre Vorlaufzeit haben. "Die Luftfahrtindustrie ist ein Wachstumsmotor und daher von besonders großer wirtschaftlicher Bedeutung", lobt Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Die Strategie stelle nun die Weichen, dass dies so bleibt.

So sollen sich Forschungseinrichtungen und Hochschulen besser vernetzen, um Ingenieur-Nachwuchs sicherzustellen. Auch müsse sich die Branche rechtzeitig auf die Entwicklung umweltfreundlicherer Maschinen einstellen. Schließlich wächst mit dem Luftverkehr auch dessen Anteil am Klimaproblem, ganz zu schweigen von der Lärmbelastung. "Zur Lösung dieser Konflikte können innovative Technologien beitragen", wirbt die Bundesregierung - und beruft sich auch auf die Ziele des Luftfahrt-Expertenzirkels Acare. Danach sollen die Flugzeuge bis 2020 um 50 Prozent sparsamer, 50 Prozent leiser und 80 Prozent sauberer werden, gemessen jeweils an den Standards des Jahres 2000.

Die Luftverkehr-Branche selbst, die in einer Kampagne neuerdings das Flugzeug als besonders emissionsarm preist, ist mit der Strategie noch nicht ganz zufrieden. Sie weise zwar einen Weg für die Industrie, ersetze aber noch kein Rundumkonzept, heißt es beim Branchenverband BDL. Das müsse auch heiße Themen wie Nachtflüge an deutschen Flughäfen umfassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: