Süddeutsche Zeitung

Luftfahrt:Emirates muss umdenken

Da der Flugzeughersteller Airbus den A380 einstellen will, steuert die arabische Airline auf kleinere Langstreckenflugzeuge um. Der Flughafen Dubai soll als Drehkreuz ausgebaut werden.

Von Jens Flottau, Dubai

Als der Flugzeughersteller Airbus Anfang 2019 beschloss, sein größtes Modell A 380 einzustellen, traf das niemanden mehr als Emirates. Die größte internationale Fluggesellschaft mit Sitz in Dubai hatte 162 der Maschinen bestellt, 112 davon waren bis Ende Oktober ausgeliefert. Die Airline, die eigentlich noch mehr und noch größere Versionen der Maschine kaufen wollte, musste ihre Strategie umstellen. Das Ergebnis dürfte vor allem der Konkurrenz nicht gefallen.

Bei der alle zwei Jahre stattfindenden Dubai Airshow präsentierte Emirates nach monatelangen Studien die neue Strategie: Statt 50 weiteren A 380 übernimmt die Fluggesellschaft nur noch elf. Die Aufträge für die 39 übrigen wandelte Emirates in Bestellungen für 50 kleinere A 350 um - der Jet wird bei Emirates Platz für knapp 300 Passagiere haben.

Bei Boeing hatte Emirates bislang 150 777X bestellt, die über 400 Passagiere transportieren können. Stattdessen will die Fluggesellschaft nun nur noch 120 der Großraumjets kaufen und dafür 30 kleinere 787-9 (rund 250 Sitze) übernehmen. Emirates wird also neben den Riesen-Jets bald auch kleinere Langstreckenflugzeuge betreiben.

"Wir haben uns viele mögliche Strecken angeschaut, die aber mit den ganz großen Flugzeugen unattraktiv waren", sagt Emirates-Airline-President Tim Clark. "Die A 350 und die 787 schaffen uns Möglichkeiten, in viele neue Märkte vorzudringen." Emirates, gegründet 1985, hat in den vergangenen Jahren eines der größten Drehkreuze der Welt aufgebaut und betreibt mit derzeit knapp 270 Flugzeugen die größte Flotte von Großraumjets.

Die Airline ist einer der wichtigsten Kunden von Airbus und Boeing

Die Airline ist sowohl für den Airbus A 380 als auch die Boeing 777 der mit Abstand wichtigste Kunde. Die Strategie zielt darauf ab, über Dubai Langstrecken zu verbinden. Emirates macht sich dabei die geografische Lage ihrer Basis zunutze. Von Dubai aus ist mit wenigen Ausnahmen jeder Punkt auf der Welt nonstop zu erreichen. Emirates kann also theoretisch jedes Ziel weltweit mit nur einer Zwischenlandung in Dubai mit einem anderen verbinden.

Nach Jahren des rapiden Wachstums durchlief das Unternehmen zuletzt jedoch harte Zeiten. Im Geschäftsjahr 2018/19 brach der Gewinn um die Hälfte ein, vor allem wegen höherer Treibstoffkosten, aber auch wegen Währungsschwankungen in wichtigen Märkten. Der Dirham, die Währung der Vereinigten Arabischen Emirate, ist an den Dollar gekoppelt. Von April bis Oktober 2019 hat sich die Lage wieder deutlich verbessert, aber von den einstigen in der Regel weit zweistelligen Wachstumsraten ist Emirates immer noch weit entfernt. "Es ist klar, dass man irgendwann ein Plateau erreicht", sagt Clark.

Angesichts der Probleme des Rivalen aus Abu Dhabi, Etihad, der derzeit drastisch schrumpft, ist das zwar noch klagen auf hohem Niveau. Doch wenn Emirates wieder neuen Schwung aufnehmen wollte, müsste es sein Geschäftsmodell überdenken. Auch Ryanair, die erfolgsverwöhnte Billigfluggesellschaft, hat solch eine Phase durchgemacht und die Lösung in mehr Kundenservice gefunden. Bei Emirates, bekannt für guten Service, ist die Antwort eine andere: kleinere Flugzeuge.

Sie machen es nun möglich, Ziele mit geringerer Passagiernachfrage anzusteuern. Die Fluggesellschaft will, wenn die ersten A 350 und 787 eintreffen, einen neuen Anlauf in Richtung USA unternehmen, wo sie in den vergangenen Jahren einer massiven Lobby-Kampagne der amerikanischen Fluggesellschaften ausgeliefert war. Sie werfen ihr vor, von staatlichen Subventionen profitiert zu haben. Emirates bestreitet dies, die Kampagne ist mittlerweile mehr oder weniger ins Leere gelaufen. Auch in Europa, vor allem in Ost-Europa, sind nun neue Ziele denkbar.

Deutschland ist einer der wenigen Märkte, in denen die neuen Flugzeuge eine eher untergeordnete Rolle spielen dürften: Emirates darf hierzulande nur vier Ziele ansteuern - derzeit sind es Frankfurt, Hamburg, Düsseldorf und München - und wird daher tendenziell weiter auf die ganz großen Jets setzen. Auch in Afrika und Asien treten neue Flughäfen als Konkurrenten auf. Viele der afrikanischen Airlines beklagen schon jetzt, dass Emirates massiv Passagiere über das Drehkreuz in Dubai absaugt und vor allem in Richtung Asien weiterverteilt. Davon wird nun bald noch mehr auf sie zukommen.

Der zweite große Baustein in der Emirates-Strategie heißt FlyDubai: Die zweite Airline des Emirates war einst als Billig-Anbieter gestartet und setzt Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge der Boeing 737-Reihe ein. Anfangs operierten die beiden Unternehmen vollständig getrennt, doch mittlerweile integrieren sie die Streckennetze immer mehr und bieten Umsteigeverbindungen an. Damit kann Emirates nun auch mit Hilfe des Partners viele Verbindungen in der näheren Umgebung anbieten.

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Quelle:
SZ vom 21.11.2019
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