Süddeutsche Zeitung

Luftfahrt:Alles neu bei Condor

Lesezeit: 2 min

Die Fluggesellschaft des Thomas-Cook-Konzerns muss in den nächsten Jahren die alternde Langstreckenflotte ersetzen und entscheidet bis Jahresende über einen Milliarden-Auftrag. Nach der Air-Berlin-Pleite wächst die Airline stark.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Der Reisekonzern Thomas Cook will mit hohen Investitionen die Flotte seiner deutschen Ferienfluggesellschaft Condor erneuern. Christoph Debus, Chef der Thomas-Cook-Airlinesparte, zufolge sollen alle 16 Langstreckenmaschinen des Typs Boeing 767, von denen manche schon mehr als 25 Jahre alt sind, ersetzt werden. Würde Thomas Cook Flugzeuge bei Boeing oder Airbus neu bestellen, würden sich die Investitionen auf deutlich mehr als eine Milliarde Euro belaufen.

Nachdem es zuletzt darum gegangen war, im Europaverkehr möglichst viele der frei gewordenen ehemaligen Air-Berlin-Strecken selbst zu besetzen, bevor Konkurrenten die Lücke füllen, ist die Erneuerung der Langstreckenflotte das nächste strukturelle Problem. Die hohen Wartungskosten für die in die Jahre gekommenen Maschinen machen einen Ersatz langsam nötig. Thomas Cook will laut Debus "neue oder junge gebrauchte Flugzeuge" kaufen. Eine Entscheidung soll schon bis Ende dieses Jahres fallen, damit die Maschinen von 2021 an ausgeliefert werden können. Der Flottenumbau wird auch dann noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Zur Auswahl steht der Airbus A330, schon im Einsatz bei den Konzerntöchtern in England und Skandinavien, sowie die Boeing 787.

Condor expandiert, vor allem bedingt durch die Pleite des einstigen Konkurrenten Air Berlin, derzeit stark. Insgesamt bietet die Airline auf der Kurz- und Mittelstrecke in diesem Sommer 35 Prozent mehr Kapazität an, "vor allem auf Märkten, in denen Air Berlin stark war", sagt Debus. In Düsseldorf, wo auch der Lufthansa-Ableger Eurowings sein Angebot stark ausweitet, liegt der Zuwachs sogar bei 88 Prozent.

Die Kooperation mit Niki Lauda hat der Ferienflieger aufgekündigt

Die nach Lufthansa und Eurowings drittgrößte deutsche Fluggesellschaft hatte sich vergeblich bemüht, größere Teile von Air Berlin zu übernehmen. Vor allem scheiterte sie mit ihrem Angebot für deren österreichische Tochtergesellschaft Niki, die nach mehreren Wendungen derzeit in Besitz ihres einstigen Gründers Niki Lauda ist. Da Lauda die Mehrheit an der nun unter der Marke Laudamotion fliegenden Gesellschaft an Ryanair verkaufen will, hat Condor die Kooperation aufgekündigt. "Da muss man dann auch einmal konsequent sein", findet Debus.

Von der einstigen Air Berlin hat Condor am Ende nur den Air Berlin Aviation genannten Flugbetrieb übernommen, den diese eigentlich gegründet hatte, um dorthin Miet-Flugzeuge für den Lufthansa-Konzern auszulagern. Condor gründete zudem einen weiteren Ableger auf Mallorca. Die beiden Firmen ermöglichen es der Fluggesellschaft, schneller zu wachsen, als sie es in den eigenen Strukturen könnte. Dennoch mietet der Konzern derzeit rund 20 Flugzeuge mit Besatzungen von Drittanbietern, um alle geplanten Flüge anbieten zu können. Insgesamt betreibt der Thomas-Cook-Konzern in der Sommersaison etwa 100 Flugzeuge.

Die Airlines haben nach Einschätzung von Konzernchef Peter Fankhauser "einen starken Turnaround" hingelegt. Im traditionell schwachen ersten Halbjahr haben sie einen operativen Verlust von 59 Millionen Pfund ausgewiesen, 20 Millionen weniger als im Vorjahr. Die Touristikunternehmen machen in der Regel im Winter Verluste, die sie in der Sommersaison überkompensieren. Die Ergebnisse der Condor werden nicht mehr separat ausgewiesen.

Die drei Thomas-Cook-Fluggesellschaften arbeiten schon jetzt sehr eng zusammen, sie werden bis Ende des Jahres auch rechtlich in einer Holding zusammengefasst, deren einziger Anteilseigner der Reisekonzern ist. Sie machen aber mehr als die Hälfte ihres Umsatzes im Einzelplatzgeschäft oder mit Reiseveranstaltern außerhalb von Thomas Cook. Trotz der Konsolidierung, die derzeit im europäischen Luftverkehrssektor stattfindet, ist Debus zufolge gegenwärtig nicht geplant, Anteile an der Flugsparte zu verkaufen oder mit einem anderen Anbieter zusammenzugehen.

Im Laufe der Jahre hatte es vor allem bei Condor immer wieder solche Überlegungen gegeben, noch vor gut einem Jahr sah ein Szenario vor, Condor die Langstrecke für Eurowings fliegen zu lassen. Doch auch die Air-Berlin-Pleite verhinderte dies, denn bei Eurowings-Eigner Lufthansa verschoben sich schlagartig die Prioritäten. Da Condor mittlerweile so stark mit den Schwestergesellschaften integriert ist, dürfte sie nun allein kaum mehr verkauft werden können - falls dies jemals wieder ein Thema wird.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3989886
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.05.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.