Es ist erst zwei Wochen her, dass Airbus das Elektroflugzeug-Projekt City-Airbus auf Eis gelegt hat. Selbst für eine kleine Maschine mit nur vier Sitzen entwickle sich die Akku-Technologie nicht schnell genug, um aktuell weitere Investitionen zu rechtfertigen, so die Begründung. Dann verbreitete der Luftfahrtkonzern intern die Nachricht, das wesentlich ambitioniertere Wasserstoff-Flugzeug ZEROe werde sich um bis zu zehn Jahre verzögern – die Infrastruktur, grünen Wasserstoff in Massen zu produzieren, werde es nicht so schnell geben. Zuletzt fließt schon seit Jahren viel zu wenig Geld in Produktionsanlagen, die nachhaltigen Treibstoff herstellen könnten, von dem die Luftfahrt in den nächsten Jahrzehnten enorme Mengen brauchen wird.
Auch die Luftfahrtbranche hat sich zu den Pariser Klimazielen bekannt, das heißt, auch sie muss eigentlich bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Dieses ambitionierte Vorhaben trifft nun auf die harte Realität. Die Branche droht ihre Ziele deutlich zu verfehlen.
Dass die Klimaziele immer unrealistischer erscheinen, ist nicht allein die Schuld der Branche, die Luftfahrt ist mit Abstand der am schwersten zu dekarbonisierende Verkehrssektor. Akkus werden noch jahrzehntelang nicht auf die Energiedichte kommen, die benötigt wird, um ein großes Flugzeug über lange Strecken mit ausreichend Energie zu versorgen. Riesige Tanks für gasförmigen Wasserstoff machen völlig neu konstruierte Flugzeuge nötig, die technischen Probleme des Transports von flüssigem Wasserstoff sind nicht gelöst. Es war schon länger klar, dass diese beiden Technologien für 2050 kaum eine Rolle spielen würden. Dass Airbus jetzt Projekte verschiebt oder aufgibt, macht in dieser Hinsicht kaum einen Unterschied.
In der Luftfahrt ging es schon immer nur in kleinen Schritten voran
Die Vorstellung, dass die Luftfahrt auf einmal mit ein paar genialen Ideen und revolutionären Konzepten ihr Umweltproblem löst, war von vorneherein Unsinn. Die Geschichte der Luftfahrt ist eine Geschichte der kleinen Schritte. Beispiel Schadstoffemissionen: Flugzeuge, die heute bei Boeing oder Airbus produziert werden, verbrauchen 15 bis 20 Prozent weniger Treibstoff als ihre Vorgänger. Angesichts der komplexen Technik ohnehin schon große Fortschritte.
Doch derzeit bestreiten die beiden Hersteller eine Art Schneckenrennen: Beide haben die nächste Generation der sehr wahrscheinlich noch konventionell angetriebenen Standardflugzeuge in die zweite Hälfte der 2030er-Jahre verschoben. Angeblich, weil auch hier nötige Technologien noch fehlen. Doch das sind zumindest in Teilen vorgeschobene Argumente: In Wahrheit ist Boeing zu sehr damit beschäftigt, die Probleme mit der aktuellen Produktpalette zu lösen, als dass der Konzern viel Geld in ein neues Flugzeug stecken könnte. Und Airbus befindet sich in einer so komfortablen Marktposition, dass rein wettbewerbsmäßig die Zeit nicht drängt.
Doch jede Verzögerung bei den neuen Flugzeugen macht das Problem größer. Denn weil die alternativen Antriebe erst nach 2050 zur Verfügung stehen, müsste die kommende und nun verschobene Flugzeuggeneration den Großteil der CO₂-Einsparungen bis dahin schultern.
Die Herausforderungen sind gewaltig. Um bis 2050 klimaneutral zu fliegen, muss alleine die europäische Luftverkehrsindustrie Kosten in Höhe von 2,4 Billionen Euro stemmen. Man mag die Zahl, die von einer Gruppe von Lobbyverbänden stammt, im Detail anzweifeln, aber fest steht, dass der Umbau enorm teuer wird. Nachhaltiges Flugbenzin soll den größten Anteil zum klimaneutralen Fliegen leisten, aber die Investitionen in Forschung und Produktion liegen nur bei einem Bruchteil des eigentlich nötigen Niveaus.
Es gibt Modellrechnungen, die davon ausgehen, dass etwa 20 Prozent der nötigen CO₂-Einsparungen alleine dadurch zustande kommen werden, dass sich weniger Passagiere wegen stark gestiegener Ticketpreise das Fliegen werden leisten können. Die an stetiges, starkes Wachstum gewöhnte Industrie wird sich umstellen müssen. Aber geringere Gewinne werden die Transformation noch schwerer machen.