Sie sind oft himmelhoch, tragen das berühmte, mit dem V verwobene L auf dem Leder und kosten 600 Euro aufwärts: die Schuhe des französischen Luxuslabels Louis Vuitton, die zum Teil in Italien gefertigt werden - einem der Herkunftsländer, die schlechthin für gutes Schuhwerk stehen. Made in Italy also, wie der Hersteller wirbt? Nicht wirklich, wie der britische Guardian jetzt enthüllt hat. Viele der Schuhe werden zum Großteil gut 1000 Kilometer östlich, in der rumänischen Region Transsilvanien gefertigt. Die Materialien kommen zwar aus Italien, wie die Zeitung schreibt, produziert werden die Schuhe dann jedoch zu geringeren Kosten in Rumänien. Bevor sie in den Schaufenstern der Einkaufsmeilen landen, werden sie in Italien besohlt - und erhalten das Label, auch dort gefertigt worden zu sein.
Bereits vor einigen Jahren hatten französische Journalisten für eine TV-Dokumentation mit anonymen Arbeitern gesprochen, die genau das behauptet hatten. Doch Bernard Arnault, der Chef des Louis-Vuitton-Mutterkonzerns LVMH, hatte das zurückgewiesen. Die Reporter des Guardian verschafften sich nun Zutritt zur Fabrik der LVMH-Tochterfirma Somarest im rumänischen Cisnadie. Vor der Eingangstür deute nichts auf Louis Vuitton hin, schreibt die britische Zeitung, drinnen stehe jedoch ein teures Paar Lederstiefel und die Taschen der Marke seien auf gläsernen Regalen ausgestellt.
Eine Sprecherin der rumänischen Fabrik hat dem Guardian bestätigt, dass einige "Made-in-Italy"-Produkte vor allem in dem osteuropäischen Land gefertigt werden. Louis Vuitton hat auf eine Anfrage der SZ bislang nicht reagiert. Louis Vuitton ist nicht das erste Unternehmen, das möglicherweise nicht hält, was seine Etiketten versprechen. Über die deutsche Schuhmarke Gabor gab es bereits ähnliche Berichte, genauso über Jeans, die in Italien quasi nur ihr Etikett erhielten. Doch Louis Vuitton hatte seine italienischen Schuhe besonders offensiv beworben. Der Produktionsstandort Venedig verkörpere "Savoir-faire", und das in einer Region, die "verehrt werde" für ihr feines Schuhhandwerk.
Juristisch ist nichts gegen das Vorgehen des Luxuslabels einzuwenden. Seit einigen Jahren ist EU-weit festgelegt, wie Produkte zu kennzeichnen sind, die in mehreren Staaten produziert wurden: Ihr Etikett trägt den Namen des Landes, in dem es zum letzten wesentlichen Produktionsschritt kam. Im Fall von Louis Vuitton sind es die Sohlen, die den ansonsten fertigen Schuhen verpasst werden. Fraglich ist jetzt, wie die Kunden auf die Neuigkeiten reagieren. Auch Normalverdiener sparen teilweise monatelang, um sich einmal mit Schuhen oder einer Tasche von Louis Vuitton zeigen zu können. Für sie könnte eher das Logo zählen, das die Schuhe schmückt - und weniger die Wahrheit hinter dem Etikett.