Logitech:Große und kleine Fische

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Vom Schulsprecher zum Firmenchef: Bracken Darrell leitet die Elektronik-Firma Logitech. (Foto: oh)

Logitech, dieser Name stand lange für Computer-Zubehör. Doch der PC ist aus der Mode. Weshalb der neue Chef das Unternehmen nun auf andere Märkte schickt. Am liebsten auf solche, wo seine Firma dann der große Fisch im kleinen Teich ist.

Von Helmut Martin-Jung, München

Das Risiko des Putzerfisches: Stirbt der große Fisch, von dem man abhängig ist, oder überlegt er sich's plötzlich anders, kann die Sache für die Kleinen ziemlich schnell vorbei sein. Als Anfang der 1990er-Jahre auch Computer mit Microsoft-Betriebssystem auf einmal mit Maus ausgeliefert wurden, wäre Logitech beinahe pleitegegangen. Logitech, das war die Firma mit der Maus, mit nahezu nichts als der Maus. Doch eine Maus war nun kaum noch etwas wert.

Logitech erweiterte das Sortiment auf anderes PC-Zubehör wie Tastaturen, Lautsprecher, Gaming-Kopfhörer. Und erlebte eine Zeit der Blüte: "40 aufeinanderfolgende Quartale steigerte die Firma Umsatz und Gewinn", sagt ihr heutiger Chef Bracken Darrell, 53. Doch um das Jahr 2008 herum tauchte der große Fisch plötzlich wieder ab: Die Verkaufszahlen für Personal Computer stagnierten, dann gingen sie sogar zurück. Und wieder litt Logitech, der Putzerfisch, unter seiner Abhängigkeit.

So sehr litt die Firma, dass Guerrino De Luca, früher mal Apples Marketingleiter und Logitechs Chef in der erfolgreichen Periode, vom Aufsichtsrat wieder zurück auf den Vorstandsposten beordert wurde. Er verhinderte das Schlimmste, aber als Darrell schließlich 2013 übernahm, stand Logitech trotzdem ziemlich gefleddert da: "Der Umsatz war um 70 Prozent zurückgegangen, die Aktie war bei sechs, sieben Dollar."

Darrell kam von Braun, der Firma also, die es durch ihren Chefdesigner Dieter Rams zu Weltruhm gebracht und das Design von Apple maßgeblich beeinflusst hat. Doch bei seinem neuen Unternehmen traf er keinen einzigen Designer. Logitech verstand sich als Technologie-Firma, das Design überließ man spezialisierten Agenturen. Das änderte sich nun, und zwar von Grund auf: "Ich hatte eine klare Vorstellung, als ich dort angefangen habe: Logitech sollte zu einer Design-Firma werden", sagt Darrell.

PC-Zubehör ist nur noch ein Teil des Gesamtangebots

Außerdem lenkte der neue Chef drei Viertel der Firmenressourcen um auf neue Produkte wie etwa die sehr erfolgreichen Bluetooth-Lautsprecher der Marke UE Boom. PC-Zubehör ist nun nur mehr ein Teil des Gesamtangebots und nicht einmal ein großer. Lautsprecher, Kopfhörer, Ausrüstung für Gamer, Technik für Videokonferenzen und Smart Home sind die neuen Schwerpunkte des Unternehmens.

Für Darrell ist es dabei wichtig, nicht in Märkten anzutreten, in denen es viele und große Konkurrenten gibt: "Wir wollen lieber der große Fisch in einem kleinen Teich sein", sagte er kürzlich der New York Times, "diese Strategie ist um Einiges besser, als ein kleiner Fisch in einem großen Ozean zu sein." Der Erfolg gibt ihm recht. Die Firma, die mit Büros in drei Kontinenten sehr international ausgerichtet ist, verdient wieder gutes Geld, der Aktienkurs ist auf 24 Dollar geklettert - etwa viermal so viel wie auf dem Tiefpunkt 2012.

Darrell war schon mit zwölf Jahren sehr groß, und früh übernahm er Führungsaufgaben. In der kleinen Stadt Owensboro in Kentucky, wo er aufwuchs, wurde er an seiner Highschool zum Sprecher der 1600 Schüler gewählt. "Damit hat alles richtig angefangen", sagt er heute. Seine wichtigste Erkenntnis: Man müsse die Leute für etwas begeistern, sie behandeln, als würden sie etwas freiwillig tun und nicht dafür bezahlt werden.

Bevor er zu Braun kam, hatte Darrell lange für Procter & Gamble gearbeitet. Was an seinem Job anders ist? "Stellen Sie sich vor, Sie hätten neue Inhaltsstoffe für Kosmetika, die denen neue Eigenschaften verleihen, und die gäbe es nahezu umsonst." In einer solchen Lage seien Tech-Firmen heute, wo Datenspeicher, Sensoren und Rechenpower zu sehr niedrigen Kosten zu haben seien.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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