Süddeutsche Zeitung

Logistik:Von A nach B via Cloud

Die schwäbische Logistikfirma Transporeon ist Marktführer beim Organisieren von Transporten.

Von Helmut Martin-Jung, München

Ein Paket mit der selbstgemachten Marmelade an die Oma schicken? Kein Problem. Eingepackt, zur Post gebracht, fertig. Was aber, wenn es um Marmelade aus einer Fabrik geht, Tonnen davon, oder um Bananen oder um Maschendrahtzaun? Dann muss der, der etwas verschicken will, einen finden und beauftragen, der es dorthin bringt, wo es hin soll. Und dann wüsste man gerne noch, ob denn die Marmelade, die Bananen oder der Zaun auch pünktlich ankommen.

Das zu gewährleisten, ist der Job von Stephan Sieber. Der Schweizer leitet die Firma Transporeon mit Hauptsitz in Ulm. Transporeon ist eine datenbasierte Logistikplattform in der Cloud, die nicht nur als Vermittler auftritt zwischen denjenigen, die Fracht zu versenden haben und denen, die das übernehmen. Das Unternehmen, das bereits vor 20 Jahren gegründet wurde, kümmert sich um die gesamte Logistikkette, vom Verladen über die Frachtpapiere bis zur genauen Position, wo auf dem Ladehof der Fahrer mit seinem Lkw hinfahren muss.

Etwa zehn Prozent des Landgüterverkehrs in Deutschland werden von Transporeon organisiert, 1200 sogenannte Verlader überlassen ihre Güter der schwäbischen Firma, 115 000 Spediteure sind Partner von Transporeon, 20 Millionen Ladungen sind es pro Jahr. Transporeon ist damit mit Abstand der größte Anbieter in Europa.

Besonders stark sind die Schwaben in der Einzelhandelslogistik: "Wir decken etwa 80 Prozent des Einzelhandels in Deutschland ab", sagt Sieber. Seine Firma erledigt die Transporte von den Herstellern zu den Verteilzentren der Supermarktketten. Dass es nach den Corona-bedingten Hamsterkäufen Nachschub an Toilettenpapier geben würde, wusste man in Siebers Firma deshalb früh: Die Aufträge der einschlägigen Hersteller schossen um mehr als 20 Prozent nach oben.

"Wir verkaufen keine Algorithmen", sagt Sieber, "sondern ein Resultat." Die Kunden müssten lediglich das Transaktionsvolumen zahlen - eine Art Porto also. "Wir verdienen nur, wenn wir den Kunden helfen, Güter von A nach B zu transportieren." Helfen heißt in diesem Falle natürlich: wenn es einen Vorteil bringt, die Plattform einzuschalten, die schließlich einen Teil der Marge auffrisst.

Transporeon kümmert sich darum, die richtigen Partner zusammenzubringen. Wenn zum Beispiel Gefahrgut zu transportieren ist, braucht der Fahrer eine besondere Ausbildung und das Fahrzeug muss extra versichert sein. Auch sei nicht jeder Lkw für alle Ladungen geeignet. Hinzu kommt der ganze Papierkram.

Diese Transparenz, also zu wissen, wo eine Ladung ist, ob sie auch pünktlich ankommt, werde immer wichtiger, sagt Sieber. Anders als Konkurrenten verfolgt Transporeon aber nicht nur, wo eine Ladung steckt: "Das ETA (geschätzte Ankunftszeit, Anm. d.Red.) alleine bringt nichts. Die Kunden wollen eine Lösung haben, das geht bis in die Produktionskette hinein." Kommt etwa ein Rohstoff nicht rechtzeitig, muss der Hersteller auch mal umdisponieren und andere Schritte vorziehen.

Corona hat einen Digitalisierungsschub bei vielen Firmen ausgelöst

Damit Sieber alle nötigen Daten in Echtzeit abrufen kann, müssen alle mitziehen. "Die Spediteure müssen mitteilen, welcher Lkw was fährt. Da fehlt es noch an der Abdeckung", sagt Sieber. Und auch sonst gäbe noch Brüche in den Prozessketten, "vieles ist noch nicht sehr digitalisiert".

Das brächte nicht bloß einen Kostenvorteil für die Beteiligten, es wäre auch wichtig für die Umwelt. Nach verschiedenen Studien fahren etwa 25 bis 35 Prozent aller Lkw leer über die Straßen, 150 Millionen Leerfahrten kommen so zusammen, sagt Sieber. Ein Teil davon ließe sich mit mehr Transparenz verhindern.

Die Corona-Pandemie hat auch Transporeon getroffen. Keine Transporte heißt für das Unternehmen: kein Geld. 80 Kilometer lange Staus, wie etwa an der polnischen Grenze, waren auch nicht förderlich fürs Geschäft. Insgesamt aber, sagt Sieber, hätten die Logistikketten im Großen und Ganzen doch gehalten, "wir sind mit einem blauen Auge davongekommen". Corona hat dafür einen Digitalisierungsschub bei vielen Firmen ausgelöst.

Das kommt einem Cloud-Anbieter wie Transporeon zugute. Das Unternehmen betreibt seine Cloud selbst in zwei Datenzentren in Frankfurt und Düsseldorf, die beide ständig laufen und so Ausfallsicherheit gewährleisten. Von hier aus werden Kunden in aller Welt bedient, und vielen sei auch wichtig, dass die Daten in Deutschland gespeichert würden.

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