Wenn die Menschen etwa im November, zum sogenannten Black Friday, viele Sonderangebote im Internet bestellen und auch vor Weihnachten immer mehr Geschenke im Onlinehandel kaufen, dann jagen Paketdienste wie DHL von einem Rekord zum nächsten. Alleine die Post-Tochter hat im vergangenen Jahr 1,5 Milliarden Pakete quer durch Deutschland transportiert, teilt der Konzern nun mit, so viele wie nie zuvor.
Mehr noch dürfte sich Post-Chef Frank Appel über eine weitere Statistik freuen: Im so entscheidenden Weihnachtsquartal hat seine Post hierzulande nicht nur fünf Prozent mehr Pakete ausgetragen als im Vorjahreszeitraum, sie hat damit auch sechs Prozent mehr Geld eingenommen. DHL hat also höhere Paketpreise mit Onlinehändlern ausgehandelt - zum ersten Mal seit langer Zeit. Und: "Das wird sich im neuen Jahr noch beschleunigen", sagt Appel. "Andere folgen uns da, glaube ich."
Die Anderen, das sind Konkurrenten wie Hermes oder DPD. Sie alle stehen im harten Preiswettbewerb, der Onlineshoppern zwar vermeintliche Gratislieferungen frei Haus beschert, der aber auch an Grenzen kommt: So lagern vor allem Mitbewerber die Zustellung an viele Subunternehmen aus. Letztlich arbeiten viele Paketboten zu kümmerlichen Löhnen, Behörden finden immer wieder Hinweise auf Verstöße gegen das Mindestlohngesetz. Und immer mehr Kunden beschweren sich über beschädigte oder verschwundene Pakete.
Appel betont, dass die Zustellung ihren Preis habe. Da sei es "sehr erfreulich", dass erste Onlinehändler den Preis für die Lieferung an die Kunden weitergeben. "Das ist aber die Entscheidung unserer Geschäftskunden", sagt der Post-Chef. Wettbewerber setzen darauf, dass es künftig einen Aufpreis kosten könnte, wenn Pakete bis nach Hause statt nur bis in einen Paketshop oder eine Packstation geliefert werden. Daran glaubt Appel freilich nicht: "Da haben wir momentan keine Pläne."
Sein Vorteil: In ländlichen Gebieten trägt ein und derselbe Postbote ohnehin Briefe und Pakete in die Häuser aus; diese doppelte Auslastung kann die Konkurrenz nicht vorweisen. Freilich steckt darin auch die große Herausforderung der Post: Während sie immer mehr Pakete zustellt, geht die Zahl der Briefe Jahr für Jahr um ein paar Prozent zurück. Daher spart der Konzern auf der einen Seite, schickt mehrere Hundert verbliebene Beamte in den Vorruhestand, investiert aber auf der anderen Seite, rechnet etwa mit 5000 neuen Vollzeitstellen in der hiesigen Zustellung alleine in diesem Jahr.
Und die Post kämpft in diesem Jahr für ein höheres Briefporto. Die Bundesnetzagentur, welche die Preise des Fast-Monopolisten auf dem Briefmarkt in Deutschland genehmigen muss, wollte dem Konzern zunächst nur eine Erhöhung um knapp fünf Prozent zubilligen, die für drei Jahre gelten sollte. Doch dann hat das Bundeswirtschaftsministerium mitten im laufenden Verfahren angekündigt, die Regeln für Portoerhöhungen zu ändern. Seitdem hält man es in der Branche für möglich, dass ein Standardbrief künftig mindestens 80 statt 70 Cent kosten könnte.
Der Post-Chef sagt, die Politik habe "sehr gut verstanden", dass auch Briefe teurer werden sollen
Appel verweist darauf, dass immer weniger Briefe verschickt werden, während die Zusteller höhere Gehälter ausgehandelt haben, und auch andere Kosten gestiegen seien. Da habe die Politik "sehr gut verstanden, dass hier Handlungsbedarf besteht". Überhaupt gebe ein durchschnittlicher Haushalt nur 2,34 Euro im Monat für Briefe aus. Eine Erhöhung bedeute daher "keine signifikante Belastung für die Menschen", sagt der Post-Chef. Gleichwohl geht es für seinen Konzern um Hunderte Millionen Euro an Mehreinnahmen jährlich - bereits bei einem Unterschied von einigen Cent pro einzelnem Brief.
Insgesamt macht das heimische Briefgeschäft nicht mal mehr ein Sechstel des Konzernumsatzes aus, der im vergangenen Jahr auf gut 61 Milliarden Euro gestiegen ist. Vor Zinsen und Steuern meldet die Post einen Betriebsgewinn von 3,2 Milliarden Euro. Diesen Wert will Appel freilich schon im nächsten Jahr auf fünf Milliarden Euro steigern. Falls der Konzern das Porto nicht wie erwartet erhöhen dürfte, müsste er die Kosteneinsparungen wohl "noch weiter beschleunigen", kündigt Appel präventiv an.
Den Großteil ihres Geldes verdient die Post im internationalen Geschäft mit eiligen Sendungen, mit Lagerlogistik und dem grenzüberschreitenden Frachtverkehr. Umso mehr warnt Appel etwa vor den langfristigen Folgen eines drohenden, harten Brexits. "Langfristig würden die Ströme zwischen Großbritannien und Europa weniger werden", sagt der Vorstandschef. Auch eine Welt mit höheren Handelsbarrieren und Zöllen wäre dem Geschäft wohl abträglich. "Sich zu isolieren, hilft nichts", sagt Appel.