Drei Räder, ein Lenker, hinten offene Sitzbänke, oben nur ein Sonnendach und das Ganze meist bunt dekoriert. Solche Fahrzeuge sind in Lissabon derart häufig anzutreffen, dass man denken könnte, sie seien dort erfunden worden. Tatsächlich sind die aus Asien stammenden „Tuk Tuks“ wie auch die italienischen Piaggio-Roller perfekte Vehikel, um Touristen durch das Gassengewirr der portugiesischen Hauptstadt zu bugsieren.
Sie ersparen Besuchern das anstrengende Auf und Ab zwischen Alfama und Bairro Alto – teils sogar mit E-Antrieb, und die Fahrerinnen und Fahrer dienen zugleich als Fremdenführer. Die Website der Accor-Hotelkette nennt Tuk-Tuk-Touren „eine aufregende, flexible und persönliche Art, die versteckten Juwelen und kulturellen Highlights der Stadt zu entdecken“. Im Internet buchbare Touren starten bei gut 35 Euro pro Person.
Doch für die Bewohner der laut CNN coolsten Stadt Europas, wo die Besucherdichte noch größer ist als in Barcelona oder Amsterdam, sind die Tuk Tuks und die Ape der Firma Piaggio zum Negativsymbol des Massentourismus geworden. Wie hoch die Emotionen schlagen, zeigte ein Video, das vor drei Monaten viral ging: Darin verpasste ein Polizist einem Tuk Tuk-Fahrer am Praça do Comércio einen Kopfstoß. Der Vorfall wurde zwar disziplinarisch verfolgt, bekam im Internet aber durchaus Beifall.
Was zu viel ist, ist zu viel, fand auch der Stadtrat im Sommer dieses Jahres und kündigte an, die Zahl der Vehikel mit Lizenzen zu limitieren. Gegen die derzeit rund 1000 zirkulierenden Dreiradroller gehen die Behörden unterdessen mit einer Null-Toleranz-Politik vor, berichtete unter anderem die Zeitung Público. Im Rahmen der Operation „Neues Lissabon“ werden an emblematischen Orten wie dem Aussichtspunkt Miradouro da Senhora do Monte falsch parkende Tuk Tuks in razziaartigen Aktionen umzingelt und mit Parkkrallen sowie Tatort-Absperrbändern festgesetzt. Fahrern, die das Bußgeld verweigern, wird der Führerschein abgenommen.
Die Vehikel lösen mitunter spektakuläre Staus aus
Die Idee, Touristen mit Tuk Tuks zu transportieren, entstand in Lissabon gegen Ende der 2000er-Jahre. Mittlerweile sind sie auch in anderen Städten der Iberischen Halbinsel unterwegs. Der Vorteil der Tuk Tuks und anderer Dreiradroller – hier mal eben ein Fotostop am Straßenrand, dort mal schnell über einen idyllischen Platz düsen – wurde mehr und mehr zur Unbill für die Einheimischen, die sich ohne flexibles Zeitbudget von A nach B bewegen müssen. Sogar entlang der historischen Trambahn-Strecken lösen Tuk Tuks mitunter spektakuläre Staus aus. Vor der Kathedrale müssen sich Fußgänger manchmal durch die Menge der auf Kundschaft lauernden Dreiräder hindurchschlängeln.
Den Massentourismus generell, aber auch die Tuk-Tuk-Invasion speziell soll nun eine ungewöhnliche Demonstration anprangern, zu der einige Dutzend prominente Intellektuelle und Künstler aufgerufen haben. Am kommenden Mittwoch soll zwischen neun Uhr morgens und ein Uhr mittags an sechs Stellen der Innenstadt Hup- und Pfeifkonzerte veranstaltet werden. „Für Lissabon, verschaff’ dir Gehör!“ – unter diesem Motto soll für nachhaltigeren Tourismus geworben werden.
Nicht auszuschließen ist, dass manche Touristen auch das Hupkonzert als liebenswerte Folklore missverstehen, während sie vom Tuk Tuk aus die Stadt bewundern.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes war ausschließlich von asiatischen Tuk-Tuks die Rede. In Lissabon sind allerdings auch Ape-Kleintransporter der Marke Piaggio unterwegs. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.