Bilfinger:Nichts mehr zu verlieren

Der Linde-Manager Thomas Blades soll Chef des Krisenkonzerns Bilfinger werden. Er muss vor allem eine tragfähige Struktur für das Unternehmen finden. Scheitert er an der großen Aufgabe, muss er sich um seine Zukunft nicht sorgen.

Von Karl-Heinz Büschemann

Eine glückliche Hand hatte Eckhard Cordes bisher nicht als Aufsichtsratsvorsitzender des Bau- und Industriedienstleisters Bilfinger. Am Mittwoch musste er mitteilen, dass der Vorstandsvorsitzende Per Utnegaard, der seinen Posten erst im vergangenen Sommer übernommen hatte und den Krisenkonzern in sicheres Fahrwasser bringen sollte, schon wieder geht. Einen Nachfolger konnte Cordes allerdings am Mittwoch nicht präsentieren. Er werde "in Kürze" benannt, ließ er wissen. Dann aber ist ihm die Personalie aus dem Ruder gelaufen. Aus dem Bilfinger-Aufsichtsrat drang heraus, dass Thomas Blades, bisher noch Vorstandsmitglied beim Industriegase-Spezialisten Linde, die schwierige Aufgabe bei Bilfinger übernehmen werde. Das war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht reif für eine Meldung. Einen Vertrag hatte Blades, der seine Verpflichtung bei Linde gerade erst verlängert hatte, noch nicht unterschrieben. "Einige Details sind noch offen", hieß es aus Kreisen des Aufsichtsrates.

Cordes hat sich davor gedrückt, zuzugeben, dass die Berufung von Utnegaard im vergangenen Jahr ein Fehler war. Der gebürtige Norweger gehe "aus persönlichen Gründen", so die offizielle Version. Aber hinter dem Weggang stecken dem Vernehmen nach gravierende Meinungsverschiedenheiten. Utnegaard, einige Mitglieder des Aufsichtsrates sowie der schwedische Finanzinvestor Cevian, der 26 Prozent an Bilfinger hält und das entscheidende Wort in dem Krisenunternehmen hat, waren uneinig über die Strategie.

Er muss vor allem eine tragfähige Struktur für das Unternehmen finden

Mit Blades bekommt Bilfinger schon den vierten Vorstandschef in zwei Jahren. Der Mannheimer Traditionskonzern hat den geplanten Übergang vom Bauunternehmen zum Dienstleister nicht gemeistert. Bilfinger hat sich vom klassischen Baugeschäft weitgehend getrennt und sich auf den Betrieb von Industrieanlagen, Kraftwerken und Immobilien verlagert. Unter der maßgeblichen Regie von Cevian gibt es starke Bestrebungen, große Teile des Konzerns zu verkaufen, was sich aber als schwierig erweist. Für das Kraftwerkgeschäft etwa ließ sich bislang kein Interessent finden. Unklar ist, ob auch das Immobiliengeschäft verkauft werden soll. Bei Bilfinger fehlt bisher eine klare Strategie. So hält es Aufsichtsratschef Cordes für denkbar, dass Bilfinger mit zwei großen Sparten in die Zukunft geht oder auch nur mit einer. Ein verbindliches Konzept müsse der neue Vorstandsvorsitzende erarbeiten, heißt es in Mannheim.

Mit Blades übernimmt den riskanten Chefsessel ein Manager, der bei Linde eine unauffällige Rolle gespielt hat und nicht mehr viel zu verlieren hat. Der britische Staatsbürger, der seit 2012 im Vorstand des Münchner Gasekonzerns unter anderem die Verantwortung für das Amerika-Geschäft hat, ist 59 Jahre alt. Scheitert er an der schwierigen Lage von Bilfinger, müsste er um seine berufliche Zukunft nicht mehr fürchten. Zudem wird der Chefposten bei Bilfinger vergleichsweise gut bezahlt. Utnegaard hatte ein Jahresgehalt von mehr als vier Millionen Euro, bei Blades dürfte die Summe eher höher liegen, weil der Konzern in Not ist und dringend einen Manager braucht.

Der Weg nach Mannheim bedeutet für Blades die Chance, noch einmal Chef einer Aktiengesellschaft zu werden. Sein Erfolg wird vom Großaktionär Cevian daran gemessen werden, wie es ihm gelingt, die attraktiven Teile des Unternehmens zu verkaufen und für den verbleibenden Rest eine tragfähige und langfristige Strategie zu finden.

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