In Politik und Wirtschaft kommt es bekanntlich oft auf Symbole an. Bundeskanzler Olaf Scholz sendete bei seinem Rundgang auf der Berliner Luftfahrtmesse ILA ein ziemlich offensichtliches Signal: Auffällig lang stoppte er beim Flugtaxi-Unternehmen Lilium, stellte sich vor ein riesiges Modell des Fluggerätes und ließ sich von Firmenchef Klaus Roewe ausführlich die aktuelle Lage erklären. Sogar ins Cockpit des Modells setze sich der Bundeskanzler. Wie um zu betonen: Die Bundesregierung unterstützt Lilium.
Ein Signal, das dem Flugtaxi-Unternehmen gelegen kommt. Noch vor Wochen beklagte sich Roewe öffentlich über die mangelnde Unterstützung der deutschen Politik und machte deutlich, dass Lilium im Juli das Geld auszugehen drohe. Dies sei womöglich nur durch einen Verkauf an ausländische Investoren abzuwenden, die dann aber auch große Teile des Unternehmens verlagern könnten.
So weit ist es – noch – nicht gekommen. Zwar hat der Freistaat Bayern immer noch nicht entschieden, ob er gemeinsam mit dem Bund Kreditbürgschaften in Höhe von rund 100 Millionen Euro bewilligen will, die dafür nötige Prüfung ist gerade erst angelaufen. Aber Lilium hat sich laut Roewe durch eine Ende April abgeschlossene Kapitalerhöhung drei bis vier Monate Zeit gekauft : 114 Millionen Euro haben die Investoren noch einmal nachgeschossen.
Das Flugtaxi-Unternehmen entwickelt den Lilium Jet, ein elektrisches Fluggerät mit bis zu sechs Sitzen für Passagiere. Eine sehr seriennahe Version des Flugzeuges soll Ende diesen Jahres erstmals fliegen und wird, wenn es nach dem Unternehmen geht, 2026 zugelassen. Anders als andere elektrische Flugtaxis, von denen derzeit Dutzende weltweit entwickelt werden, ist der Lilium Jet nicht für Flüge innerhalb von Städten gedacht, sondern für regionale Verbindung von anfangs fast 200 Kilometern. Die elektrisch angetriebenen Motoren erlauben senkrechte Starts und Landungen, werden aber während des Fluges in die Horizontale geschwenkt. Das ist technisch aufwändig, aber sehr effizient.
Rund zwei Milliarden Dollar seien nötig, um ein solches Flugzeug entwickeln und zuzulassen, sagte Roewe in Berlin. Etwa 1,5 Milliarden hat Lilium bislang von Investoren eingenommen und nicht viel weniger davon auch wieder ausgegeben. Weitere Finanzierungsrunden sind also nötig, bis die Umsätze aus Verkäufen stark wachsen. Neben den 100 Millionen Euro aus Deutschland könnte die französische Regierung und womöglich die Region Department Nouvelle Aquitaine noch einmal deutlich mehr an Bürgschaften und Subventionen beisteuern. Die Verhandlungen laufen, auch andere Standorte in Frankreich sind noch denkbar. Lilium will eine weitere Endmontagelinie, eine Recycling-Fabrik für Batterien und ein Wartungszentrum in Frankreich aufbauen, die Zentrale und eine erste Montagelinie sollen aber in Oberpfaffenhofen bleiben.
Dort wird gerade der zweite Lilium Jet zusammengebaut. Die Maschine soll vor Jahresende den Erstflug absolvieren, die erste ist nur für Bodentests vorgesehen. Lilium plant, das Flugzeug im September erstmals öffentlich zu präsentieren.