Süddeutsche Zeitung

Lifestyle-Limonade:Bionade will wieder öko sein

Die Bionade ist "angetreten, um die Welt der Limonaden etwas besser zu machen" und schaffte es von Hamburger Szeneläden in die Welt. Doch mit der Expansion kam der Absturz. Nun sollen es ein neuer Slogan und eine Rückbesinnung auf Bioläden wieder richten.

Von Uwe Ritzer, Nürnberg

Ein Podest, ein strahlend weißes Tuch darüber, obendrauf thront eine braune Schatzkiste, wie man sie aus Piratenfilmen kennt. "Vor zehn Jahren ist Bionade angetreten, die Welt der Limonaden etwas besser zu machen", sagt Bionade-Geschäftsführer Christian Schütz. Er spricht noch vom nötigen Mut, um "die Dinge anders und die Welt schöner zu machen". Dann öffnet ein Braumeister die Kiste und packt aus: Vanilleschoten, Gluconsäure, Rohrzucker, Kaffeebohnen, Pfefferminze, ein paar Gewürze, Holunderextrakt. Es sind die Zutaten für eine neue Cola.

Früher hätten sie bei Bionade die sechste Geschmacksrichtung ihrer gleichnamigen Biobrause zum neuen "offiziellen Getränk für eine bessere Welt" ausgerufen. Mindestens. "Das war ein mächtiger Anspruch", findet Schütz rückblickend, als er kurz nach der Cola-Präsentation auf der Nürnberger Ökomesse Bio-Fach im hinteren Bereich des Bionade-Messestandes auftaucht. Er wirkt zurückhaltend, vorsichtig, etwas misstrauisch. Kein Marktschreier. Es gehe darum, sagt er, "Bionade wieder mehr in den Alltag der Menschen reinzubringen". Nach allem was war.

Symbol für den Siegeszug der Biobranche - dann der Absturz

Bionade. Das war lange ein Symbol für den Siegeszug der Biobranche aus der alternativen Szene hinein in die Mitte der Gesellschaft. Die Geschichte ist aber auch zu schön: Eine Familie kämpft im winzigen Ostheim vor der Rhön mit ihrer Brauerei ums Überleben. Kurz vor der Pleite erfindet der Stiefvater und Braumeister ein Fermentations-Verfahren, bei dem eine Biolimo wie Bier gebraut und nicht einfach aus irgendwelchen Zutaten gemixt wird.

Anfangs will diese Bionade mit ihren exotischen Geschmacksrichtungen keiner haben. Doch dann landet sie in Hamburger Szenekneipen, und plötzlich sprudeln die Geschäfte auch im Rest der Republik. 2007 werden 200 Millionen Flaschen verkauft. Dann folgt der jähe Absturz.

Eine Preiserhöhung um 30 Prozent vergrault viele Verbraucher. Bionade strauchelt beim Versuch einer rasanten Auslandsexpansion. Ein Mineralbrunnen übernimmt 51 Prozent und verkauft die Anteile 2009 an die Radeberger-Gruppe, die Teil des Dr.-Oetker-Konzerns ist. Die Ökoszene schäumt: Ein Getränkemulti ohne nennenswerte Bio-Expertise übernimmt die Mehrheit beim politisch korrekten Lifestyle-Drink für Weltverbesserer und Individualisten.

2011 verkauft Bionade noch 60 Millionen Flaschen. Dann stockt Radeberger auf 70 Prozent auf, Anfang 2012 zahlt der Konzern die Gründerfamilie ganz aus. "Die Story ist futsch", schreibt ein Magazin. Viele Geschichten lesen sich so.

"Man darf Bionade nicht nur auf eine Person oder Familie reduzieren", sagt Geschäftsführer Schütz ein Jahr später am Nürnberger Messestand. Abgesehen davon nähmen viele Kunden Radeberger als verlässliche Konstante bei Bionade wahr. Und außerdem: "Das Potenzial von Bionade ist noch lange nicht ausgeschöpft."

Aber es ist schwierig geworden, hinter die Kulissen zu blicken, seit die Radeberger in Ostheim das Sagen haben.

Zahlen über Umsätze, Gewinne oder Abverkauf bleiben jetzt unter Verschluss. Christian Schütz macht da keine Ausnahme. Immerhin: Im ersten Halbjahr 2012 habe man noch unter den Übernahme-Turbulenzen gelitten, sagt er, dann habe sich die Lage aber stabilisiert. "Angesichts der Umstände war das Jahr okay."

"Offizielles Getränk für eine bessere Welt" war einmal

Tatsächlich ist einiges passiert. Die teuren Exportabenteuer in USA, Japan, Osteuropa und Teilen Skandinaviens wurden beendet. "Lieber machen wir weniger Märkte, die aber richtig", sagt Schütz. Bislang verkauft Bionade weit mehr als 90 Prozent in Deutschland. Auch die in der Biobranche verpönte Zusammenarbeit mit McDonald's wurde beendet.

Eine neue Werbeagentur wurde engagiert; statt "offizielles Getränk für eine bessere Welt" heißt es nun schlicht: "Anders erfrischt besser." Zwei neue Geschmacksrichtungen wurden entwickelt: zum einen die Cola, die allerdings mehr nach Bionade schmeckt als nach Cola, und zum zweiten eine noch geheime Sorte, die von Frühjahr an exklusiv über Bioläden verkauft werden soll. "Wir wollen im Biobereich wieder mehr machen", sagt Schütz. "Das ist schließlich ein wichtiger Absatzkanal für uns."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1599837
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.02.2013/sana/bavo
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.