Lieferschwierigkeiten:Airbus droht der Verlust von Aufträgen

Beim europäischen Flugzeughersteller rumort es: Weil der A380 nur mit Verzögerungen ausgeliefert werden kann, schaltet sich die Politik mit Schuldzuweisungen ein. Und nun denkt auch noch der wichtigste Kunde über eine Abbestellung des Riesenjets nach.

Jens Flottau, Cornelia Knust und Gerd Zitzelsberger

Das amerikanische Leasingunternehmen International Lease Finance Corporation (ILFC) droht, seine Bestellung für den Airbus A380 zurückzuziehen.

Lieferschwierigkeiten: Sorgt inzwischen für Verdruss: Der Airbus A380.

Sorgt inzwischen für Verdruss: Der Airbus A380.

(Foto: Foto: AFP)

"Wir erwägen, einen Teil oder alle unsere A380-Aufträge zu stornieren", sagte ILFC-Chef Steven Udvar-Hazy in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Wir sind nicht glücklich und sind für eine Stornierung auf der sicheren Seite."

Airbus hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, das neue Großflugzeug A380 werde in den nächsten Jahren im Schnitt sechs bis sieben Monate später an die Kunden ausgeliefert als ursprünglich geplant.

Wichtigster Kunde

Schwierigkeiten mit der kundenspezifischen Verkabelung im Innenraum der Maschinen wurden als Grund für die nochmalige Verzögerung genannt. ILFC zählt zu den Erstkunden für das Flugzeug. Das Leasingunternehmen ist mit weitem Abstand der wichtigste Kunde des europäischen Luftfahrtkonzerns. Airbus kann seine Abnehmer nun vorerst nicht zufriedenstellen.

Eine Ausnahme bildet die erste Maschine für Singapore Airlines, die bis Ende des Jahres fertig sein soll. Damit summieren sich die Verzögerungen bei dem Flugzeug mittlerweile auf gut ein Jahr.

Zur Stornierung berechtigt

Udvar-Hazy zufolge hat Airbus mittlerweile mitgeteilt, dass die Maschinen erst mit zwölf- bis 14-monatiger Verspätung eintreffen werden. Nach sechs Monaten sei ILFC vertraglich berechtigt, den Auftrag ohne Folgen zu stornieren.

Das Unternehmen hat zehn Maschinen des Typs A380 bestellt und gehört damit neben Emirates, Singapore Airlines, Lufthansa und Air France zu den größten Auftraggebern.

Auch die Lufthansa ist nach den Worten von Vorstandschef Wolfgang Mayrhuber von den Lieferschwierigkeiten betroffen, allerdings nannte er keine Details.

Airbus droht der Verlust von Aufträgen

Als Airbus im vergangenen Jahr schon einmal die Auslieferung um sechs Monate hinausgeschoben hatte, hatte die Lufthansa dies nur durch den Tausch des Liefertermins mit einer anderen Fluggesellschaft auffangen können.

Wegen der Produktionsprobleme beim A380 stellt Frankreich den Aktionärspakt bei der EADS in Frage. "Manche meinen, dieser Pakt gebe dem Staat nicht genug Macht, denn die operative Führung wird von den Industrieaktionären Lagardère und DaimlerChrysler sichergestellt", so Wirtschaftsminister Thierry Breton in Paris.

Er habe mit dem EADS-Aktionär und Verwaltungsrats-Co-Chef Arnaud Lagardère bereits über mögliche Änderungen beim Aktionärspakt und EADS-Management gesprochen.

Vorwurf an französische Sozialisten

Premierminister Dominique de Villepin warf in der Nationalversammlung den Sozialisten vor, 2000 den Aktionärspakt mit Lagardère und DaimlerChrysler geschmiedet zu haben. "Das ist ihre Verantwortung und wir werden das von Grund auf auf den Prüfstand stellen", sagte er.

Zu Verstimmung haben die Lieferverzögerungen auch bei BAE Systems geführt. Das britische Rüstungsunternehmen, das 20 Prozent an Airbus hält und gerade seine Verkaufsoption dafür ausübt, fühlt sich von EADS und Airbus schlecht informiert.

Es muss fürchten, dass sein Anteil infolge des Kurseinbruches der EADS-Aktie nicht mehr 4,5 Milliarden, sondern nur noch 3,6 Milliarden Euro wert ist.

Dementiert wird in Kreisen von BAE Systems jedoch, dass das britische Unternehmen deshalb Rechtsanwälte eingeschaltet habe. Es bleibe bei dem vereinbarten Preisfindungsverfahren, sagte eine Pressesprecherin.

Bewertungsgutachten

EADS und BAE Systems haben die Investmentbank Rothschild mit einem Bewertungsgutachten beauftragt. Die Bank muss in eineinhalb Wochen das Ergebnis mitteilen. Nach Darstellung von BAE Systems ist ihr Schiedsspruch für EADS verbindlich; bei BAE Systems müssen die Anteilseigner dem Verkauf noch zustimmen, doch dies gilt als Formsache.

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