Wirtschaftspolitik:Habeck kann sich eine Pause beim Lieferkettengesetz vorstellen

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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck beim Tag des Familienunternehmens am Freitag in Berlin. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Für viele Unternehmen ist die Nachweispflicht ein Ärgernis, sie sehen darin nur eine weitere Bürokratielast. Sie auszusetzen könnte Ärger in der Koalition geben.

Von Elisabeth Dostert, Berlin

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kann sich vorstellen, das deutsche Lieferkettengesetz für zwei Jahre zu pausieren. Zwei Jahre, so lange haben die Mitgliedstaaten Zeit, das im Mai verabschiedete EU-Lieferkettengesetz umzusetzen. „Ich halte das für absolut vertretbar“, sagt Habeck am Freitag beim Tag des Familienunternehmens in Berlin. Präziser wird er nicht. „Ich bitte um zwei, drei Wochen Geduld“, so der Minister. Viele Unternehmen klagen über die ihrer nach überbordende Bürokratie in Deutschland und Europa, dazu gehört auch das Lieferkettengesetz.

Natalie Mekelburger, Gesellschafterin und Vorsitzende der Geschäftsführung bei der Coroplast-Gruppe aus Wuppertal, ist eine der vielen, die klagen. Es sei für ihre Firma schlicht nicht möglich, den Herkunftsnachweis zu führen und „unsere Einflussmöglichkeiten sind begrenzt“, sagt Mekelburger. Ihr Familienunternehmen mit rund 7000 Mitarbeitern und 750 Millionen Euro Umsatz stellt unter anderem Kabel und Klebebänder her, vor allem für die Automobilindustrie. Es gebe bessere Wege als das Lieferkettengesetz. Coroplast sei seit vielen Jahren in China tätig. Als die Firma dort angefangen habe, habe es dort nicht im Ansatz Sozialstandards gegeben. Viele deutsche Firmen hätten diese erst dort einführt, Coroplast auch. „Wir wurden Vorbilder.“ Viele chinesische Firmen hätten die Standards übernommen.

Mekelburger weiß, dass es Verfehlungen in Textilunternehmen in Asien gab, die für auch für deutsche Hersteller produzierten, Kinderarbeit, mangelnder Brandschutz und vieles mehr. „Man kann aber doch nicht die europäischen Volkswirtschaften dafür in Haftung nehmen“, sagt Mekelburger. Mit dem EU-Lieferkettengesetz drohten darüberhinaus noch Haftrisiken. „Nicht-Regierungsorganisationen warten nur darauf, die Firmen zu verklagen“, so die Familienunternehmerin. Wie schwer es für Firmen wie Coroplast sei, die Lieferkette zu dokumentieren, schildert sie noch an einem anderen Beispiel. In den Kabeln von Coroplast stecke auch Kupfer aus Minen in Südamerika und China, sie stünden ganz am Anfang einer langen Lieferkette. Nach der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), sie ist Teil des Green Deals der EU, müsse Coroplast zum Beispiel die Biodiversität in den Bergbauregionen dokumentieren. „Das bringt gar nichts und frustriert unsere Mitarbeiter, die wollen unsere Nachhaltigkeit verbessern und nicht dokumentieren“, sagt Mekelburger. „Es ist irre zu glauben, man könne die Welt über Maßnahmen wie das Lieferkettengesetz verbessern oder den Green Deal.“ Solche Eingriffe gefährdeten den Wohlstand.

„Unterlassene Hilfeleistung für den Standort Deutschland.“

Mekelburger spricht für ihre Firma, Ulrich Stoll als Vorstand der Stiftung Familienunternehmen für viele. Auch er hadert mit dem „Bürokratiestress“ in Europa, der Steuerlast, Fachkräftemangel, keine der Klagen ist neu. In Deutschland brauche es die Renaissance einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik, sagt Stoll, der Gesellschafter des Maschinenbauunternehmens Festo ist. Wenn die Ampel die Chance zum Umsteuern verpasse, werde sie mit einem schweren Vorwurf leben müssen: „Dem der unterlassenen Hilfeleistung für den Standort Deutschland.“

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