Süddeutsche Zeitung

Lieferengpass bei Durex:Großbritannien befürchtet Kondom-Knappheit

Durex-Kondome sollen teurer werden, fordert der wichtigste Zulieferer. Doch der Vermarkter lehnt das ab - weshalb ihn die indische Fabrik nun nicht mehr beliefert. Erste Länder spüren, dass die Verhütungsmittel knapp werden. Auch Deutschland ist betroffen - allerdings nur bei Liebhaber-Stücken.

Bastian Brinkmann

Wie teuer sollen Durex-Kondome sein? Darüber streiten der Durex-Konzern Reckitt Benckiser und die indische Firma TTK. Normalerweise sind die beiden Unternehmen Geschäftspartner: TTK produziert mehr als die Hälfte der Durex-Kondome für Reckitt Benckiser, sagen Analysten. Doch seit Mai sind ihren Informationen zufolge die Lieferungen eingestellt. Keine neuen Durex mehr - bis der Streit in Indien gelöst ist.

In einer globalisierten Welt schlägt so ein kleiner Rechtsstreit auf den Verbraucher durch: Kondome werden knapp. In Großbritannien sorgt sich die Gesundheitsbehörde NHS bereits, meldet die Financial Times. Die NHS liefert Kondome an Ärzte und Jugendarbeiter - die sie dann an die britischen Teenager verteilen, um Teenage-Schwangerschaften einzudämmen. Sie bedauere die Lieferengpässe, schreibt die NHS in einer Mitteilung, und empfiehlt, auf Konkurrenz-Produkte umzusteigen.

Auch der deutsche Markt ist betroffen, bestätigte Reckitt Benckiser sueddeutsche.de. Doch bestünden bislang keine spürbaren Versorgungsengpässe. "Weil TTK nicht der einzige Durex-Lieferant ist, bleibt für die Mehrheit des Angebots die Versorgung gesichert", sagte eine Sprecherin. Zwei oder drei Durex-Produktreihen könnten jedoch künftig betroffen sein - allerdings "lediglich Produktlinien von geringer Marktrelevanz". Welche Liebhaber-Sorten, Geschmacksrichtungen oder Größen das genau sind, sagte Reckitt Benckiser nicht, mit Hinweis auf das laufende rechtliche Verfahren.

Andere Kondom-Hersteller reiben sich die Hände

Vor dem Londoner High Court verlangte Reckitt Benckiser eine einstweilige Verfügung, um TKK zu zwingen, wieder zu liefern. Doch der Richter urteilte, die Durex-Firma möge vor ein indisches Gericht ziehen. Die britische Zentrale kommentierte den Fall auf Anfrage von sueddeutsche.de nicht.

Durex ist laut Financial Times Weltmarktführer und beherrscht 40 Prozent des fast vier Milliarden Dollar großen Markts für Kondome. TTK produziert jährlich rund 1,3 Milliarden Durex-Kondome und hat den indischen Vertrieb in der Hand. Hier hat TTK den Preis um etwa ein Drittel angehoben - diesen Anstieg würde der indische Produzent gerne auch auf dem Weltmarkt durchsetzen. Dagegen wehrt sich Reckitt Benckiser.

Von dem Streit könnte kurzfristig die Konkurrenz von Durex profitieren, wie die Firma Ansell aus Australien, zu der Marken wie Condomi und LifeStyles gehören. "Ansells thailändische Produktionsfirmen haben wohl noch Kapazitäten", schreiben Analysten der Citi-Bank.

Reckitt Benckiser haben gerade erst einen anderen Durex-Hersteller übernommen, SSL. Die Briten haben vor allem Haushaltsmittel wie Calgon und Sagrotan im Sortiment. Die jüngsten Geschäftszahlen zeigen nach oben. Vor allem der gute Absatz einer neuer Version der Heroin-Ersatzdroge Suboxone ließ den Gewinn steigen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1124413
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
sueddeutsche.de/luk
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.