Liechtenstein-Affäre:Einer, der sich erwischen ließ

Keine Kompromisse: Die Liechtensteinische Landesbank will beim Prozess einen Deal zugunsten eines mutmaßlichen Erpressers verhindern.

Hans Leyendecker

Die Liechtensteinische Landesbank (LLB), die mit Werbesprüchen wie "Anders als die anderen" oder "Glück kennt keine Grenzen" wirbt, erweist sich auch in heiklen Angelegenheiten als verlässlich. Als deutsche Kriminelle das zweitgrößte Liechtensteiner Geldhaus mit Daten deutscher Kunden erpressten, tat die LLB mehr als ihre Pflicht, um die Klienten zu schützen.

Liechtenstein-Affäre: Der mutmaßliche Erpresser soll nicht so einfach davon kommen.

Der mutmaßliche Erpresser soll nicht so einfach davon kommen.

(Foto: Foto: AP)

Die Bank hatte sogar den mutmaßlichen Erpressern über neun Millionen Euro für einen Großteil der Daten gezahlt, und sie wollte den Fall diskret zu Ende bringen. Ein leibhaftiger Bankdirektor übergab einem Geldboten persönlich vier Millionen Euro im Koffer.

Das Ziel war klar: Keine Polizei, keine Staatsanwaltschaft. Neugierige deutsche Fahnder sollten keinen Blick in die Unterlagen bekommen. Bankgeheimnis.

Für Sicherheitsverwahrung

Nachdem die mutmaßlichen Erpresser ohne Mitwirkung der Bank aufgeflogen sind und sich in Rostock wegen schwerer Erpressung vor Gericht verantworten müssen, gibt sich das Geldhaus kämpferisch. Die Bank besteht darauf, dass auf keinen Fall ein juristischer Handel stattfindet, der etwa dem Hauptbeschuldigten Michael Freitag zugute kommen könnte.

Weil der Angeklagte eine lange Vorstrafenliste hat und unter anderem wegen Bankraubs und Kidnapping verurteilt wurde, droht ihm diesmal nicht nur eine Haftstrafe, sondern auch Sicherungsverwahrung.

Am Montag wird vor dem Landgericht Rostock der Prozess gegen die drei mutmaßlichen Erpresser fortgesetzt. Der erfahrene Hamburger Anwalt Johann Schwenn, der die Interessen der LLB in Rostock vertritt, teilte der Kammer jetzt mit, die Bank sehe sich "durch das Antragsverhalten des Angeklagten Freitag" zu einem Hinweis auf einen erst kürzlich ergangenen Beschluss des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) veranlasst. In diesem Beschluss vom 18. Juni dieses Jahres hatte der BGH betont, dass "die Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung einer Verständigung im Strafverfahren nicht zugänglich" sei. Dieses Vorgehen liefe ansonsten auf eine "erhebliche Rechtsverletzung hinaus".

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Einer, der sich erwischen ließ

Übersetzt heißt das: Über die Frage der Sicherungsverwahrung darf nicht gedealt werden. Einen Handel wie der Verzicht auf Sicherungsverwahrung im Gegenzug für Hilfe bei der Aufklärung darf es nicht geben. "Aufklärungshilfe für andere Straftaten", so der BGH, liefe sogar auf eine "erhebliche Rechtsverletzung hinaus". Schwenn leitete der Kammer, die am Montag erstmals nach einer Pause wieder tagt, den Beschluss zu.

"Dass sich dieser Depp erwischen ließ, ist Pech für uns"

Dabei wäre es der LLB vermutlich am liebsten gewesen, wenn Freitag im Sommer 2009 die letzten vier Millionen Euro gegen Herausgabe der restlichen Unterlagen erhalten hätte und die Akte für immer geschlossen worden wäre. "Dass sich dieser Depp erwischen ließ, ist Pech für uns", zitierte die vornehme Neue Zürcher Zeitung einen Vertreter des Geldhauses.

Jetzt darf der angebliche Erpresser, der das Geschäft seines Lebens machen wollte, aber nicht mehr so einfach davonkommen. Eine seiner Verteidigerinnen hatte Anfang des Monats der 8. Großen Strafkammer des Landgerichts - womöglich in Hoffnung auf eine Verständigung mit dem Gericht - verschwundene Kontendaten von etwa 1300 deutschen Kunden der LLB übergeben. Darunter waren etliche der Daten, die die LLB für teures Geld den Erpressern abgekauft hatte.

Vermutlich die meisten der Kunden haben das Geld vor dem deutschen Fiskus versteckt. Hunderte Selbstanzeigen sind zu erwarten. Auch wird es vermutlich zahlreiche Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung geben. Die zuständige Steuerfahndung hat bereits eine 30 Beamte starke Sonderkommission gebildet.

"Wie stark eine Gruppe wirklich ist, zeigt sich erst im Zusammenspiel der Fähigkeiten ihrer Mitglieder", säuselt die LLB in ihrer Werbung: "Gemeinsam zum Glück".

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