Lidl-Werbung:Ist doch nicht der Rewe wert

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Lidl nimmt die Konkurrenz derzeit per Werbebotschaft aufs Korn - eine durchaus gewagte Strategie. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)
  • Mit Sprüchen wie "Teurer wäre EDEKA-dent" oder "Ab zu Lidl. Der Rest ist IrrREWElant" verulkt der Discounter Lidl gerade die Konkurrenz.
  • Konkurrenten per Werbebotschaft herabzusetzen, ist in Deutschland jedoch nicht gerade verbreitet - und kann schon mal nach hinten losgehen.

Von Michael Kläsgen

Was haben die gute, alte Litfaßsäule und Facebook gemein? Beide nutzt der Discounter Lidl gerade, um die Konkurrenz zu veräppeln. Oder genauer, um die Botschaft loszuwerden: Wir sind die günstigsten. "ALDI anderen sind teurer", kalauerte die Werbeagentur M&C Saatchi im Auftrag des Konzerns. Oder: "Teurer wäre EDEKA-dent." Oder auch: "Ab zu Lidl. Der Rest ist IrrREWElant." Jeden, auch die kleineren Wettbewerber wie Norma, Netto und Penny, traktiert Lidl nun mit solchen Wortspielen. Immer geht es um den Preis, für die Deutschen immer noch wichtigstes Entscheidungskriterium beim Lebensmitteleinkauf.

Die Kampagne fällt auf, weil vergleichende Werbung hierzulande noch eine ziemliche junge Disziplin ist. Erst seit der Jahrtausendwende ist sie überhaupt erlaubt, und das mit Einschränkungen. In den USA foppen sich Coca-Cola und PepsiCo oder McDonald's und Burger King seit Jahrzehnten und keiner nimmt Anstoß daran. In Deutschland hingegen wird scheel angesehen, wer Mitbewerber herabsetzt.

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Bei der Deutschen Telekom ging das schon mal nach hinten los, und als Banken vor Jahren anfingen, sich gegenseitig niederzumachen, rieten Marketingexperten entschieden davon ab. Wenn die gesamte Branche ohnehin ein Imageproblem habe, sollten sich die einzelnen Akteure nicht auch noch gegenseitig schlecht machen. Vergleichende Werbung wirke dann unsouverän und unglaubwürdig, sagt etwa Frank Görgen von der Hochschule Rhein Main.

Lidl scheint sich hingegen eher an die Denkschule zu halten, die der Kölner Sportökonom Johannes Berendt vertritt. Er untersuchte in mehreren Studien, was passiert, wenn Unternehmen sich wie Erzrivalen im Fußball bekämpfen. Das Ergebnis: Der Schlagabtausch schärfe das Markenprofil der Kontrahenten. Berendt findet daher, Unternehmen sollten ihre Rivalität pflegen.

"Du willst a Lidlbit more Auswahl? Dann geh doch zu Netto."

Bislang lief dieser Schlagabtausch über Videoclips im Internet ab. Vor allem Lidl und Edeka lieferten sich vor knapp zwei Jahren wiederholt Online-Gefechte mit Parodien aufeinander. Nach dem neuen Angriff von Lidl hat bisher nur die Edeka-Tochter Netto angekündigt, an diesem Donnerstag reagieren zu wollen. "Du willst a Lidlbit more Auswahl?", dichtete die Marketingabteilung. "Dann geh doch zu Netto." Wieder geht es, vordergründig betrachtet, amüsant zu. Der Hintergrund ist aber ein sich seit Monaten zuspitzender Preiskampf der Händler bei Markenprodukten.

Vor allem Aldi unterbot Lidl immer wieder mit Aktionspreisen für Cola und Kaffee, woraufhin Lidl Aldi unterbot und alle anderen mitzogen. Die Preise liegen, so Experten, teils auf einem Niveau, auf dem kaum noch nennenswerte Erträge zu erwirtschaften sind. Der Spaß ist da für die Händler eigentlich längst vorbei. Nur: Das will sich keiner anmerken lassen.

© SZ vom 18.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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