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Leo Kirchs Imperium heute:Das Erbe des Paten

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Der Zusammenbruch des Kirch-Imperiums zerstörte das Lebenswerk des mächtigsten deutschen Medienunternehmers. Bis zu seinem Tod kämpfte Leo Kirch vergeblich darum, noch einmal groß ins Geschäft zu kommen. Doch viele seiner ehemaligen Firmen prägen die deutsche Medienbranche bis heute.

Caspar Busse

Es war einer der größten Konkursfälle in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und der wohl bitterste Moment für Leo Kirch: Am 8. April 2002 wurden seine Geschäftsführer beim Amtsgericht München vorstellig und stellten um 11.05 Uhr Insolvenzantrag. Es war das vorläufige Aus für die Münchner Mediengruppe. An diesem April-Tag war Leo Kirch schon gar nicht mehr in seinem Büro in Ismaning, sein letztes Schreiben an die Mitarbeiter unterzeichnete er mit "Gottes Segen".

Kirch hatte in den Jahrzehnten ein Mediengeflecht mit ungefähr 120 Tochterfirmen und 11000 Beschäftigten aufgebaut. Im Frühjahr 2002 übernahmen dann Sanierer und Insolvenzverwalter das Regiment - und sie retteten einen Großteil des ehemaligen Kirch-Imperiums. Bis heute bestimmen die ehemaligen Kirch-Firmen die deutsche Medienbranche. Und einigen ist die Loslösung sogar ausgesprochen gut bekommen. Denn "der Alte" benutzte sein undurchsichtiges Firmengeflecht jahrzehntelang auch dazu, Gewinne und Verluste hin und her zu schieben.

Die Pro Sieben Sat 1 Media AG, die immer das Herzstück der Kirch-Gruppe gewesen war, ist neben RTL noch heute der größte deutsche Fernsehkonzern, fast 30 Prozent aller deutschen TV-Werbeeinnahmen fließen in die Sender Sat 1, Pro Sieben und Kabel 1. Der Konzern, der heute auch in mehreren Ländern Europas tätig ist, wurde zunächst vom schillernden Medienunternehmer Haim Saban aus Los Angeles übernommen, der hart sanierte und dann daraus ein gutes Geschäft für sich machte. Nur wenige Jahre später, 2006, gab er den Konzern mit einem satten Aufschlag an die beiden Finanzinvestoren KKR und Permira weiter. Saban vervierfachte seinen Einsatz - und die Finanzinvestoren wurden angesichts des hohen Kaufpreises von drei Milliarden Euro nicht glücklich. Heute suchen sie wieder einen Käufer. Den Einstieg des Berliner Verlagshauses Axel Springer (an dem Kirch auch viele Jahre beteiligt war) bei Pro Sieben Sat 1 verhinderte vor einigen Jahren das Bundeskartellamt, nun wird über einen Verkauf über die Börse spekuliert.

Einen Großaktionär hat eine andere ehemalige Kirch-Firma bereits gefunden: Es ist der alte Kirch-Rivale Rupert Murdoch, der mit knapp 50 Prozent am Bezahlsender Sky Deutschland, ehemals Premiere, beteiligt ist. Leo Kirch setzte einst ganz große Hoffnung auf das Pay-TV. Am Ende waren es aber auch die enormen Verluste, die ihn in den Ruin getrieben haben. Nach der Kirch-Pleite brachte der getreue Kirch-Mann Georg Kofler den Sender erfolgreich an die Börse, doch ein Millionengrab ist das Pay-TV noch immer. Murdoch musste schon mehr als eine Milliarde Euro investieren und will jetzt unbedingt den Erfolg.

Der größte Schatz von Leo Kirch war seine enorme Filmbibliothek. Damit wurde er einst groß, und zwischenzeitlich umfasste das Filmreich bis zu 12000 Titel. Die vielen Rollen lagern teilweise noch immer in einem gut gekühlten Hochregal-Lager in München-Unterföhring. Die Filmrechte wurden aber in Paketen verkauft. Kirchs enger Vertrauter Jan Mojto sicherte sich einen großen Teil der Rechte und ist heute unter anderem mit der Firma Eos erfolgreich. Und Mojto führte mit Unitel auch eine der großen Kirch-Leidenschaften fort: die aufwendige Produktion von Klassikkonzerten und Opern.

Leo Kirch selbst war bis zuletzt im Mediengeschäft tätig. Von seinem Münchner Stadtbüro aus steuerte er zusammen mit seinem Vertrauten Dieter Hahn die Beteiligungsholding KF 15, benannt nach der Büroadresse Kardinal-Faulhaber-Straße 15. Die wollte vor drei Jahren die TV-Rechte an der Fußball-Bundesliga kaufen und ist mit 18,7 Prozent an der Constantin Medien AG beteiligt. Dazu gehören die bekannte Filmfirma Constantin, einst von Bernd Eichinger gegründet, die ehemalige EM.TV oder die Schweizer Sportrechtefirma Team, die beispielsweise die Champions League vermarktet. Das große Comeback gab es für Leo Kirch aber nie.

Das Insolvenzverfahren seiner Mediengruppe ist übrigens noch nicht beendet, es läuft noch bis mindestens 2014 - lange über den Tod des Gründers hinaus.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2011
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