Lenovo bietet Hunderte Millionen:Chinesen greifen nach Aldi-Lieferanten

Medion ist vor allem für seine Aldi-PCs bekannt - für Lenovo aus China könnte es selbst zum Schnäppchen werden. Das asiatische Unternehmen legt Hunderte Millionen Euro für Medion auf den Tisch.

Der Elektronikhersteller und Aldi-Lieferant Medion soll chinesisch werden: Der Computerproduzent Lenovo will für das Essener Unternehmen rund 629 Millionen Euro zahlen und bietet Aktionären 13 Euro je Aktie. Das entspricht einem Aufschlag von etwa 18 Prozent auf den Schlusskurs vom Dienstagabend.

Medion wird Gewinnerwartungen 2005 deutlich verfehlen

Medion produzierte den Aldi-PC - und die Kunden rannten dem Discounter im vergangenen Jahrzehnt wegen des Billig-Computers die Bude ein. Mittlerweile macht das Essener Unternehmen wesentlich weniger Gewinn - Grund dafür ist auch die hohe Abhängigkeit von Aldi.

(Foto: dpa/dpaweb)

Der Deal ist schon fast perfekt: Der Unternehmensgründer, Mehrheitseigentümer und Vorstandschef Gerd Brachmann nahm das Angebot zu großen Teilen bereits an - er soll knapp 17,75 Millionen Aktien für etwa 230 Millionen Euro an die Chinesen abgeben. Brachmann erhält 80 Prozent davon in bar und 20 Prozent in Form von Lenovo-Aktien. Die Börse hat bereits reagiert: Der Medion-Kurs schnellte im frühen Geschäft etwa 18 Prozent nach oben.

Medion ist vor allem für seine bei Aldi vertriebenen Computer, Kameras oder Navigationsgeräte bekannt, produziert aber eine ganze Palette an Elektronikartikeln wie Fernseher und Autoradios. Das Unternehmen wurde 1983 gegründet und ging 1998 an die Börse. Mitte des vergangenen Jahrzehnts schlitterte Medion aber in die Krise - unter anderem wegen der hohen Abhängigkeit von Aldi.

2010 setzte Medion etwa eineinhalb Milliarden Euro um und verdiente vor Zinsen und Steuern 28 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Jahr 2003 hatte der Erlös noch knapp drei Milliarden Euro betragen, der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag bei 179,9 Millionen Euro. Medion beschäftigte zuletzt etwas mehr als 1000 Mitarbeiter.

"Angriff auf ältere Konsumenten"

Erst am Donnerstag hatte Lenovo bekanntgegeben, dass sich der Nettogewinn für das im März abgelaufene Quartal des Geschäftsjahres auf 42,1 Millionen Dollar verdreifacht hat. Das Geld kommt hauptsächlich von Firmenkunden. Die hatten in die Erneuerung ihrer IT-Technik investiert und Lenovo so satte Profite beschert.

Lenovos Privatkundengeschäft verläuft indes eher schleppend - dabei soll nun Medion helfen, vor allem bei den nicht mehr ganz so jungen Technikkäufern. Die deutsche Marke sei bekannt und genieße Vertrauen. Damit könne sie Lenovo bei seiner "Angriffsstrategie bei älteren Konsumenten" helfen, heißt es in der Mitteilung zum Übernahmeangebot. Medion solle aber komplett selbstständig und die Marke erhalten bleiben, sagte ein Lenovo-Sprecher in Deutschland.

Bereits 2005 schlug Lenovo spektakulär zu und übernahm die PC-Sparte des amerikanischen IT-Konzerns IBM für 1,75 Milliarden Dollar. Es war die erste größere Übernahme eines chinesischen Unternehmens in den Vereinigten Staaten. Jetzt dürfte es zu einem ähnlichen Coup in Deutschland kommen.

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