Lehrstellen:Die Wirtschaft scheint sich auszuruhen

In der Wirtschaft und auch in der Politik ist man sich dieser Problematik durchaus bewusst und diskutiert angesichts der vielen Flüchtlinge darüber, wie diese schnell in die Arbeitswelt integriert werden können. Denn bislang schlagen alle Versuche fehl, mehr junge Schulabgänger für eine Ausbildung zu begeistern - auch anstelle eines möglichen Studiums.

Als Hauptursache wird häufig angegeben, dass der Pool potenzieller Auszubildenden kleiner und kleiner wird, da immer mehr Schüler Abitur machen. Diese entscheiden sich dann häufiger für ein Hochschulstudium als für eine Ausbildung. Inzwischen beginnen in der Bundesrepublik fast 60 Prozent eines Jahrgangs ein Studium; vor 20 Jahren war es noch fast die Hälfte. Besonders in den MINT-Fächern, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, steigt die Studentenzahl überdurchschnittlich schnell.

Überregionaler denken

Die Wirtschaft scheint dazu zu neigen, sich auf dem Argument der steigenden Abiturientenzahlen und der damit sinkenden potenziellen Auszubildendenzahlen auszuruhen. Das ist gefährlich, schließlich machen Studenten in vielen Betrieben einen Großteil der dualen Auszubildenden aus - und 17 der 23 sogenannten Engpassberufe werden in einer dualen Ausbildung, also im Betrieb und in der Berufsschule erlernt.

Es liegt also an den Unternehmen, sowohl für junge Schulabgänger ohne Abitur, als auch für Abiturienten attraktive Ausbildungsangebote anzubieten. Das kann gerade bei Abiturienten über ein Angebot zertifizierter Zusatzqualifikationen wie Fremdsprachen oder Softwarekenntnisse geschehen. Gleichzeitig müssen die Unternehmen gerade in Ost- und Süddeutschland anfangen, überregionaler zu denken. Besonders kleine und mittlere Unternehmen suchen ihre Lehrlinge überwiegend direkt vor Ort. Mit Online-Anzeigen oder einer verstärkten Nutzung der sozialen Meiden könnten sie ihren Radius ausweiten und ihre freien Stellen überregional bekannt machen. Schließlich ist der Azubi-Mangel gerade in den westlichen Bundesländern weniger gravierend; viele Jugendliche dürften sicher dazu bereit sein, für ihre Wunschlehrstelle einen Umzug in Kauf zu nehmen.

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