Süddeutsche Zeitung

Lehren aus Wirtschaftskrise:Frankreich beschränkt Banker-Boni

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy koppelt die Bonuszahlungen für Banker an den Erfolg der Geldinstitute - und sucht einen europäischen Kompromiss.

M. Kläsgen

Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat als erste Amtshandlung nach der Sommerpause am Dienstag die wichtigsten Bankiers des Landes im Elysée-Palast empfangen, zum siebten Mal binnen eines Jahres. Anschließend sagte er auf einer Pressekonferenz: "Ich bin schockiert darüber gewesen, wie manche offenbar nicht die richtigen Lehren aus der Finanz- und Weltwirtschaftskrise gezogen haben, obwohl die Krise noch nicht ganz vorbei ist." Er habe in dem Gespräch mit den Bankern gefordert, ein "tadelloses Verhalten" an den Tag zu legen.

Fortan werde in Frankreich nicht mehr nur ein Bonus-System für Banker gelten, sondern ein "Bonus-Malus-System". Danach würden zwei Drittel der Boni über einen Zeitraum von drei Jahren ausgezahlt und ein Drittel in Aktien des Arbeitgebers. Sollte die Bank Verluste machen, wäre ein Teil des Boni dann hinfällig.

"Es gibt keinen Bonus ohne Malus", erklärte Sarkozy und ergänzte, der Steuerzahler dürfte nicht für Verluste geradestehen, während die Banker weiter Boni erhielten. Das habe die Vergangenheit gelehrt. Der frühere französische Notenbankchef und Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, werde die Einhaltung der Boni-Regeln überwachen. Frankreich sei das einzige Land in der Welt, so Sarkozy, das so weitgehende Maßnahme ergreife. Er wollte Anfang der kommenden Woche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür gewinnen, in Deutschland ähnliche Regeln einzuführen.

Sarkozy strebt einen europäischen Kompromiss an. Gemeinsam sollen die Europäer zunächst auf dem Finanzminister-Treffen Anfang September in London und anschließend auf dem G20-Treffen am 24. und 25. September in Pittsburgh (USA) einen Vorschlag unterbreiten und eine internationale Lösung anstreben. Zudem habe Frankreich entschieden, Banken, die die Regel nicht einhielten, nicht mehr mit Auftragen zu versehen. Sarkozy zeigte sich zuversichtlich, dass der Finanzplatz Paris dadurch keinen Schaden erleiden werden.

Die französische Großbank BNP Paribas reagierte bereits. Banken-Chef Baudouin Prot kündigte an, die ursprünglich geplanten Rücklagen für die Boni von einer Milliarde auf 500 Millionen Euro zu halbieren. Auch an den Zahlungsmodus werde man sich halten, sagte Prot. Die Bank hatte für Aufsehen gesorgt, als sie Anfang August ankündigte, eine Milliarde Euro für Boni beiseitegelegt zu haben. Wie alle anderen französischen Institute hatte auch die BNP fünf Milliarden Staatshilfe erhalten.

Sarkozy setzte das Thema ganz oben auf die Agenda, weil er weiß, welche soziale Sprengkraft die Bonus-Zahlungen bergen. Der ehemalige Vizepräsident der New Yorker Börse, Georges Ugeux, schätzt Einfluss der Politik jedoch gering ein: "Die Regierungen machen PR in eigener Sache, sind aber ohnmächtig." Zudem lähmen sie sich gegenseitig. Bis zur Ankündigung Sarkozys sah es so aus, als spielten sie Mikado: Wer sich zuerst bewegt, verliert. In Berlin sind sich die Parteien untereinander und auch intern beim Thema Boni uneinig. Die Finanzaufsicht verschärfte die die Regeln für 2010 jüngst ein wenig. Danach soll auch ein gezahlter Bonus zurückverlangt werden können, wenn sich im Nachhinein her-ausstellt, dass ein Geschäftsabschluss unter Risikoaspekten nicht vertretbar war.

Außerdem will auch die Bafin die Auszahlung der Boni zeitlich strecken, damit nicht unmittelbar belohnt wird, wenn jemand hohe Risiken eingeht. Diesen Vorschlag machte auch die britische Finanzbehörde. Mindestens zwei Drittel der Boni sollen demnach über drei Jahre gezahlt werden. Das klingt nach dem neuen französischen Modell. Mehr als eine Empfehlung ist ursprünglich geplante Vorschrift aber in England nicht mehr. Schließlich will London der City nicht schaden. Und in den USA gibt es rechtlich bindende Vorgaben nur für Konzerne, die staatlichen Hilfen noch nicht zurückgezahlt haben. Sie müssen die Boni ihrer Topmanager in Washington genehmigen lassen.

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SZ vom 26.08.2009
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