Lebensversicherungen:Was der neue Garantiezins bedeutet

Sollte man noch schnell eine Lebensversicherung abschließen? Gibt es eine gute Alternative? Und welche Auswirkungen hat der Zins auf die Riester-Rente? Fragen und Antworten.

Von Anne-Christin Gröger und Ilse Schlingensiepen

Wer von 2017 an eine Lebensversicherung neu abschließt, bekommt statt bisher 1,25 nur noch höchstens 0,9 Prozent auf den Sparanteil der eingezahlten Beiträge gutgeschrieben. Denn das Bundesfinanzministerium hat entschieden, den Garantiezins für neu abgeschlossene Lebensversicherungen abzusenken. Dieser Wert heißt auch Höchstrechnungszins und legt fest, welche Verzinsung die Versicherer ihren Kunden maximal versprechen dürfen.

Warum wird der Garantiezins abgesenkt?

Die Versicherer sollen nur solche Zusagen machen, die sie auch einhalten können. Der Schritt ist eine Reaktion auf die anhaltend niedrigen Zinsen, die vor allem den Lebensversicherern zu schaffen machen. Sie haben Schwierigkeiten, die Garantien an den Kapitalmärkten zu erwirtschaften, die sie ihren Versicherten versprochen haben. "Die Überprüfung des Höchstrechnungszinses hat ergeben, dass eine Senkung auf 0,9 Prozent erforderlich ist", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. "Zugleich setzt die Senkung unter ein Prozent ein deutliches Signal, dass die Lebensversicherer ihre Rückstellungen noch vorsichtiger kalkulieren müssen."

Sollte man noch schnell eine Lebensversicherung abschließen?

Verbraucherschützer raten davon ab. "Die 1,25 Prozent, die es derzeit noch gibt, sind ja auch nicht gerade viel", sagt Reichard. Dazu kommt: Verzinst wird nicht die gesamte eingezahlte Prämie, sondern nur der Sparanteil. Das sind die Einzahlungen abzüglich der Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Risikoschutz, meistens 80 Prozent bis 90 Prozent. Viele Gesellschaften verkaufen klassische Lebensversicherungen mit Garantien ohnehin nicht mehr. Der Versicherer Zurich ist schon 2013 weitgehend aus diesem Geschäft ausgestiegen, Konkurrent Generali will es ihm gleichtun. Die Allianz hat die Policen noch im Angebot, will aber nicht mehr aktiv zum Kauf raten. Ähnlich bei der Axa: "Unsere Einschätzung ist , dass sie für Kunden nicht mehr das Produkt der ersten Wahl sein kann." Da die Regelung erst 2017 greift, sind bestehende Verträge übrigens nicht betroffen.

Stehen die Versicherer nach der Absenkung stabiler da?

Darüber streiten sich Experten. Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten glaubt, dass die wirklichen Probleme der Lebensversicherer woanders liegen. "Eine weitere Senkung des Höchstrechnungszinses führt nur zu einer weiteren Schwächung der Garantien, ohne dass dies einen echten Effekt auf die Stabilität der Unternehmen hat", sagt er. Schwerer als der Garantiezins für Neuverträge belasteten die Unternehmen die gesetzlichen Vorgaben zur Bildung der Zinszusatzreserve. Diese Reserve müssen Versicherer stellen, um zu gewährleisten, dass die Gesellschaften die Garantien von bis zu vier Prozent erfüllen können, die sie Kunden in den Neunzigerjahren zugesagt haben. Diese Anforderung halten viele Fachleute für zu hoch. Heute liegt sie bei 32 Milliarden Euro, 2016 werden rund zwölf Milliarden dazukommen, schätzt die Ratingagentur Assekurata.

Welche Alternative gibt es?

Viele Gesellschaften, darunter Axa, Allianz und Ergo, setzen auf neue Policen mit anders aufgebauten Garantien. Oft bekommt der Sparer nur eine Beitragsgarantie zugesagt, also den Erhalt der eingezahlten Prämien. Dafür kann der Versicherer dann bei der Kapitalanlage mehr variieren und in risikoreichere Fonds oder Aktien investieren. Verbraucherschützerin Reichard rät zur Vorsicht: "Die Bedingungen sind für Kunden oft noch schwerer verständlich als die der klassischen Policen." Grundsätzlich sei davon abzuraten, etwas zu kaufen, was man nicht versteht.

Was bedeutet der Garantiezins für Riester-Renten?

Einige Anbieter könnte die Absenkung in Bedrängnis bringen, glaubt Debeka-Chef Uwe Laue. Bei den staatlich geförderten Riester-Renten müssen die Anbieter garantieren, dass der Kunde am Ende nicht weniger erhält, als er ursprünglich eingezahlt hat. Wenn Versicherer von den eingezahlten Prämien noch Kosten abziehen, könnte das für den einige eng werden, wenn der übrig bleibende Sparanteil nur noch mager verzinst wird. Dann kann er kaum so hohe Erträge erwirtschaften, dass der Beitragserhalt sichergestellt ist, von einer Rendite für den Kunden ganz zu schweigen.

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