Süddeutsche Zeitung

Riester-Verträge:Einfach die Rente gekürzt - ist das rechtens?

Die Zurich-Versicherung hat die Höhe der zugesagten Riester-Leistung einseitig um ein Viertel herabgesetzt - und sieht sich im Recht. Ein Betroffener klagt nun dagegen.

Von Herbert Fromme, Köln

Darf ein Lebensversicherer bei einer Riester-Rente die bei Vertragsabschluss zugesagte Rentenleistung einseitig kürzen? Mit dieser Frage muss sich nun das Landgericht Köln befassen.

Ein Kunde aus der Domstadt verklagt die Zurich, eine der größten Gesellschaften in Deutschland, weil sie genau so eine Kürzung vorgenommen hat - um satte 25 Prozent. Die von dem früheren Grünen-Finanzexperten Gerhard Schick geführte Bürgerbewegung Finanzwende unterstützt die Klage. Sie erhofft sich eine Grundsatzentscheidung. Denn ähnliche Klauseln haben viele Versicherer, nicht nur die Zurich.

2006 beschloss der damals 32 Jahre alte Kölner Kläger, etwas für seine Altersversorgung zu tun. Rund 100 Euro im Monat wollte er ansparen, am liebsten mit der Möglichkeit, auch von positiven Entwicklungen am Kapitalmarkt zu profitieren. Zu seinem Beitrag kommen die staatlichen Zulagen.

"Förder Rentinvest" nennt sich das Angebot der Zurich-Deutscher-Herold-Lebensversicherung. Die angesparte Summe wird in Fonds angelegt. Die Kosten sind vergleichsweise hoch, aber ab dem Renteneintritt ist die Privatrente sicher. Das wird bei dem Kunden 2039 der Fall sein.

Nach nicht einmal der Hälfte der Laufzeit kürzt der Versicherer die Privatrente um ein Viertel

Je 10 000 Euro angespartem Kapital werde die Zurich eine Riester-Rente von 37,34 Euro pro Monat auszahlen, hieß es bei Vertragsabschluss. Doch 2017 erlebte der Kölner eine unangenehme Überraschung: Es gebe nur noch 27,97 Euro pro angesparten 10 000 Euro, teilte die Gesellschaft mit. Sie senkte den sogenannten Rentenfaktor ab.

Diesen Einschnitt will der Kläger nicht hinnehmen. Dazu kommt die Unsicherheit darüber, dass die Zurich bis 2039 weitere Kürzungen vornehmen kann.

Der Rentenfaktor ist die entscheidende Rechengröße für die private Zusatzrente. Er bestimmt die später zu zahlende Summe. "Die Regeln sind eigentlich überschaubar", erklärte Britta Langenberg von Finanzwende. "Aber wenn der Anbieter den ursprünglich vereinbarten Rentenfaktor bis zum Ruhestand absenken kann, stellt sich für die Kunden die Frage, auf welche Rente sie sich verlassen können."

Die Zurich sieht sich im Recht. Laut Versicherungsaufsichtsgesetz sei sie gezwungen, die Kalkulation mit ausreichenden Sicherheiten vorzunehmen. "Bei fondsgebundenen Versicherungen steht die Höhe des zu verrentenden Kapitals der Natur der Sache nach erst zum Rentenbeginn fest", sagte ein Sprecher. "Deshalb werden hier sogenannte Rentenfaktoren benannt, die die Rente pro 10 000 Euro Ablaufleistung beziffern."

Bei boomenden Märkten bekäme der Kläger schließlich auch keine höhere Rente

Die verlangte Sicherheit erhalte man, indem man entweder von vornherein Abschläge auf die Rentenfaktoren vornehme oder sich als Versicherer das Recht vorbehalte, die Rentenfaktoren einseitig anzupassen, wenn es dafür ein "wirtschaftliches Erfordernis" gibt - wie etwa stark fallende Zinsen. Ein unabhängiger Treuhänder muss der Absenkung zustimmen.

Zurich habe beide Formen von Verträgen im Programm, so der Sprecher weiter. Nach Rentenbeginn werde der Rentenfaktor aber nicht mehr gekürzt. In den vergangenen vier Jahren habe es keine Absenkung der Rentenfaktoren gegeben.

Tatsächlich hat der Kölner Kläger eine solche Klausel in seinem Vertrag mit der Zurich. "Wenn sich die Lebenserwartung unerwartet stark erhöht beziehungsweise die Rendite der Kapitalanlagen nicht nur vorübergehend absinkt und dadurch die langfristige Erfüllbarkeit einer lebenslangen Rentenzahlung nicht mehr sichergestellt ist, sind wir berechtigt, Ihre Monatsrente je 10 000 Euro Vertragsguthaben so weit herabzusetzen, wie dies erforderlich ist, um diese langfristige Erfüllbarkeit zu gewährleisten."

Finanzwende findet diese Klausel ungerecht, nicht rechtmäßig und einseitig. "Denn bei boomenden Kapitalmärkten verspricht der Versicherer keine höheren Renten als ursprünglich vereinbart", kritisiert Langenberg.

Die Folgen einer solchen Regelung für die Kunden seien erheblich. "Sie haben sich für eine Rentenversicherung entschieden, um ein verlässliches Ruhegeld zu erhalten, erst recht bei staatlich geförderten Riester-Verträgen", sagte sie. "Wenn der Versicherer sich das Recht vorbehält, die Rente bis zum letzten Tag vor dem Ruhestand zu kürzen, ist die Planbarkeit dahin."

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