Lohnt sich eigentlich die Lebensversicherung? Diese Frage ist seit Jahrzehnten zwischen Verbraucherschützern und Versicherern heftig umstritten. Die eine Seite verweist auf hohe Kosten und niedrige Renditen, die andere auf die lebenslang gezahlten Privatrenten und den Sparprozess im Kollektiv.
Der Streit wird in den kommenden Monaten neue Nahrung erhalten. Denn nach SZ-Informationen will die Bundesregierung bis Ende Juni über eine weitere Absenkung des Garantiezinses in der Lebensversicherung entscheiden. Das würde für Neukunden in der klassischen Lebensversicherung gelten. Kunden mit bestehenden Verträgen sind nicht betroffen. Das Finanzministerium bestätigte, dass im ersten Halbjahr eine Entscheidung ansteht.
Zeitpunkt der Absenkung noch unklar
Zurzeit liegt der Garantiezins bei 1,25 Prozent. In Versicherungskreisen heißt es, dass eine Absenkung auf einen Wert zwischen 0,75 Prozent und ein Prozent zwischen der Finanzaufsicht Bafin und dem Finanzministerium diskutiert wird. Die Bafin schlägt dem Ministerium einen Zinssatz vor, die Festsetzung erfolgt in Berlin. Die Finanzaufsicht befragt dazu vorher die Versicherungsmathematiker in der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Sie wird von Vorständen der Versicherungskonzerne beherrscht.
Umstritten ist, wann eine mögliche Absenkung kommen könnte. Die DAV glaubt, dass der bisherige Garantiezins von 1,25 Prozent für das Jahr 2017 noch tragbar ist und der Wert im Januar 2018 auf ein Prozent abgesenkt werden sollte. Bei Finanzaufsicht und Ministerium wird eine Absenkung schon zum 1. Juli 2017 erwogen, möglicherweise auch auf 0,75 Prozent.
Lebensversicherungen würden noch unattraktiver
Finanzminister Wolfgang Schäuble ist ein Freund der privaten Altersvorsorge. Bundesregierung und Versicherungsbranche müssen zu Recht fürchten, dass die Absenkung die Attraktivität der klassischen Lebensversicherung für die Altersvorsorge weiter negativ treffen würde.
Andererseits ist das Finanzministerium aus gutem Grund vorsichtig - denn allzu optimistische Annahmen in der Vergangenheit haben heute zu akuten Probleme der Branche geführt.
Von 1994 bis 2000 durften Lebensversicherer mit regierungsamtlicher Erlaubnis ihren Kunden einen Zinssatz von vier Prozent für die gesamte Dauer der Verträge garantieren. Damals erschien das wenig, denn die Kapitalmarktzinsen lagen bei mehr als sechs Prozent. Die Versicherer drängten die Bundesregierung zu der hohen Maximalgarantie, um im scharfen Konkurrenzkampf um die Spargroschen wettbewerbsfähig zu sein. Kritiker verwiesen damals auf das Beispiel Japan mit seinen Niedrigzinsen. Das sei in Deutschland unmöglich, antworteten Politik und Branche.