Lebensversicherung:Elf Monate ohne Rente

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Es kommt immer wieder vor, dass Lebensversicherungsverträge auf einen anderen Versicherer übergehen - im Idealfall ohne negative Auswirkungen auf die Kunden. (Foto: Jens Büttner/dpa)

Der Versicherer Viridium wickelt Millionen Verträge der einstigen Generali Lebensversicherung ab. Dabei geht nicht alles glatt, mancher Kunde muss lange aufs Geld warten. Der Firmenchef gelobt Besserung.

Von Herbert Fromme, Köln

Ein unglücklicher Einzelfall. So bezeichnet der Lebensversicherer Viridium die Probleme, die von der Verbraucherzentrale Hamburg öffentlich gemacht wurden. Die Viridium-Tochter Proxalto, früher Generali Leben, hatte einer Kundin von Oktober 2021 bis September 2022 ihre Privatrente von monatlich 467 Euro nicht ausgezahlt. "Auf schriftliche Aufforderungen der Verbraucherin reagierte die Proxalto nicht", so die Verbraucherzentrale. Erst als sich die Verbraucherschützer beschwert hätten, sei die Rente plus Zinsen nachgezahlt worden. Proxalto/Viridium hätten einen "internen Dokumentationsfehler" als Ursache genannt. Proxalto habe eine veraltete Adresse verwendet, heißt es bei dem Unternehmen. Als die Rentenzahlung im November erneut ausblieb, war das einem "individuellen Fehler in der Sachbearbeitung" geschuldet.

Der Abwicklungsspezialist Viridium gehört dem britischen Finanzinvestor Cinven, der Hannover Rück und dem Versicherer Generali. Mit Wirkung April 2019 übernahm das Unternehmen die Generali Leben und änderte später den Namen in Proxalto. "Externer Run-off" heißt ein solcher Deal im Branchenjargon. Die übernommene Gesellschaft wird abgewickelt.

Ein Hauptversprechen der Käufer: Kunden nehmen keinen Schaden. Im Gegenteil, weil die Abwickler mit moderner IT arbeiten und viele Verträge mehrerer Unternehmen bündeln, sinken die Kosten, sagen sie. Außerdem fallen die Vertriebskosten weg.

Etwa 2,2 Millionen Verträge hat Viridium inzwischen auf eine neue, modernere IT-Plattform übertragen. Offenbar ging dabei nicht alles glatt. Im März 2022 zahlte die Gesellschaft Privatrenten an zahlreiche Kunden nicht pünktlich. "Das Problem wurde innerhalb von zwei Wochen gelöst", sagt Viridum-Chef Tilo Dresig dazu. "Es war eine veraltete Adressdatei eingespielt worden, da waren Kontoangaben veraltet."

Ergo musste abgelaufene Lebensversicherungen manuell nachrechnen

Kein Lebensversicherer ist gegen IT-Probleme gefeit. So musste der Versicherer Ergo, der zur Munich Re gehört, jahrelang alle Bescheide für abgelaufene Lebensversicherungen manuell nachrechnen lassen, weil die uralten Programme oft fehlerhafte Werte ausspuckten. Ergo wickelt seine Altbestände inzwischen selbst ab und hat dafür zusammen mit IBM neue Programme entwickelt.

Dresig zufolge ist die Übertragung von 2,2 Millionen Verträgen die größte IT-Modernisierung, die es bislang in der deutschen Lebensversicherung gegeben hat. Dabei trage Proxalto die Kosten von 250 Millionen Euro alleine und teile sie nicht mit den Kunden, wie das bei den meisten Gesellschaften der Fall sei. Trotz hoher Qualitätsstandards und Tests lasse sich nicht immer ausschließen, dass es "in begrenztem Umfang zu zeitweisen Einschränkungen kommen kann", sagt Dresig vorsichtig. Als vorbeugende Maßnahme habe Proxalto die Zahl der Mitarbeiter im Hamburger Kundenservicebüro um etwa 200 auf knapp 400 erhöht.

"Jeder Kunde kriegt sein Geld", betont Dresig. "Die Kunden profitieren vom Übergang zu uns", sagt er. Die Überschüsse seien höher, es gebe mehr Sicherheit durch die Kapitalstärke der Gesellschaft, und jetzt sei auch eine modernere IT vorhanden. "Aber vielleicht haben wir nicht immer so kommuniziert, wie wir es hätten tun sollen", gesteht er ein.

Für Viridium kommt die öffentliche Kritik sehr ungelegen: Das Unternehmen hat gerade mit dem Versicherer Zurich die Übernahme von rund 700 000 Lebensversicherungsverträgen vereinbart. Die Übertragung muss die Finanzaufsicht Bafin noch genehmigen. Da könnten sich die aktuellen Berichte negativ auswirken.

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