Lebensmittel:Die Chips-Krise

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Kartoffeln sind wegen der Dürre knapp geworden - in Deutschland wurden so wenige Knollen geerntet wie seit 20 Jahren nicht. Das bekommen auch die Verbraucher zu spüren: Tiefkühl-Pommes fallen kleiner aus - und die Chips werden teurer.

Von Silvia Liebrich, München

Kartoffeln sind aus der deutschen Küche kaum wegzudenken. 57 Kilogramm isst jeder Bundesbürger im Schnitt pro Jahr, besonders gern in Form von Pommes oder Chips. Doch die werden in den nächsten Monaten wohl nicht so groß ausfallen wie gewohnt, vor allem aber dürften sie teurer werden. Davor hat nun der Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) gewarnt. "Aufgrund der Dürre wurden weniger und kleinere Knollen geerntet", sagt Geschäftsführer Horst-Peter Karos, "die Pommes werden kleiner."

Die deutschen Erzeuger haben 2018 so wenig Kartoffeln geerntet, wie seit zwanzig Jahren nicht. Mit 8,7 Millionen Tonnen lag das Ergebnis hierzulande um 25 bis 30 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. "Die Preise für Kartoffeln haben sich im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdreifacht", sagt Karos. 2017 kostete ein Doppelzentner nach seinen Angaben noch zwischen acht und 14 Euro. In diesem Jahr lägen die Preise bei 24 Euro, teils auch deutlich höher. Die Ernteausfälle wirken sich langfristig aus. "Auch Pflanzgut für das nächste Jahr ist nach der langen Trockenheit im Sommer knapper", ergänzte der BOGK-Geschäftsführer. Vor allem bei Frühkartoffeln könnte es eng werden.

Die Knappheit bekommen auch die Verbraucher zu spüren. Rohe Kartoffeln sind in den vergangenen Wochen im Einzelhandel bereits spürbar teurer geworden. Einer der größten Verarbeiter, Intersnack, hat am Montag ebenfalls Preiserhöhungen angekündigt. "In Summe fehlen uns bis zu 40 Prozent der Kartoffeln, die wir teuer zukaufen müssen", sagte ein Firmensprecher, "und dies führt - trotz aller Anstrengungen zur Kosteneinsparung - zu höheren Abgabepreisen". Intersnack, bekannt für Marken wie Funny-Frisch und Chio, ist einer der größten Snack-Produzenten in Europa, mit einem Jahresumsatz von mehr als zwei Milliarden Euro. Wie stark die Preise für Chips und Co. steigen werden, da will sich das Unternehmen mit Sitz in Köln jedoch bedeckt halten. Klar ist aber auch, dass das Plus deutlich geringer ausfallen sollte als bei der Rohware. In der Herstellung von Chips oder Pommes spielt der reine Rohstoffpreis nur eine untergeordnete Rolle, stärker ins Gewicht fallen die Kosten fürs Verarbeiten, Verpacken, Lagern und den Transport.

Lebensmittelhersteller können das fehlende Angebot an Kartoffeln derzeit nicht einfach mit Zukäufen im Ausland ausgleichen. Deutschland ist der größte Produzent innerhalb der Europäischen Union, vor den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien. Aber auch dort verursachte die rekordverdächtige Dürreperiode des Sommers erhebliche Ernteausfälle. Einfuhren aus anderen Regionen dieser Erde, etwa aus den USA, Russland oder China, sind nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ägypten, Tunesien, Israel und Marokko gehören zu den wenigen Ländern, die aufgrund von Handelsabkommen in die EU liefern, aber auch dort herrscht Wassermangel.

Lebensmittelproduzenten sichern sich gegen Angebots- und Preisschwankungen ab, indem sie mit Landwirten in verschiedenen Gebieten langfristige Lieferverträge vereinbaren. So können sie regionale wetterbedingte Ausfälle ausgleichen - eine Strategie, die im vergangenen Sommer nicht aufging.

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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