Lebenserwartung:Arm leben heißt früher sterben

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  • Seit dem TV-Duell diskutiert Deutschland wieder über die Rente mit 70.
  • Die Menschen leben immer länger, also müssten sie bis zur Rente auch länger arbeiten, so die Logik.
  • Allerdings haben Wohlstand, Bildung und Arbeit enorme Auswirkungen auf die Lebenserwartung des einzelnen.

Von Hanna Eiden (Grafiken) und Christian Endt

Erst einmal ist es eine gute Nachricht, eine Geschichte von medizinischem Fortschritt und steigendem Wohlstand: Die Menschen in Deutschland leben immer länger. Seit 1945 ist die mittlere Lebenserwartung eines männlichen Neugeborenen um 17 Jahre gestiegen, auf nun 84,3 Jahre. Wer im Jahr 2017 in Deutschland als Mädchen zur Welt kommt, kann sich im Durchschnitt sogar auf 88 Lebensjahre freuen, ein Plus von 13 Jahren seit dem Krieg.

Es ist anzunehmen, dass sich auch die meisten Ökonomen über diese Entwicklung freuen. Zugleich nutzen sie die Zahlen aber als Argument, um eine durchaus unangehmene Forderung aufzustellen: Wer länger lebt, soll auch länger arbeiten. Seit dem TV-Duell vom Wochenende diskutiert ganz Deutschland wieder über die Rente mit 70.

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Die Beamten des Statistischen Bundesamts errechnen nicht nur die Lebenserwartung ab Geburt, sondern auch, wie viel Restleben die Menschen noch zu erwarten haben, wenn sie ein bestimmtes Alter erreicht haben. Wer heute geboren wird und es bis ins 65. Lebensjahr schafft, kann laut der Prognose mit 22 oder als Frau sogar fast 25 weiteren Jahren rechnen. Da kann man also locker noch ein paar Jahre arbeiten gehen, oder?

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Klarer Zusammenhang zwischen Wohlstand und Lebenserwartung

In den vergangenen 20 Jahren ist die Lebenserwartung für 65-Jährige allerdings kaum noch gestiegen. Außerdem: Nicht alle Menschen leben gleich lang. Viele Studien belegen, dass die Lebenserwartung stark vom sozialen Status abhängt. Zwischen der untersten Einkommensgruppe, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient, und den Spitzenverdienern liegen mehr als acht Jahre bei Frauen und mehr als zehn Jahre bei den Männern. Das haben Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts (RKI) mit Daten des sozio-ökonomischen Panels errechnet.

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Auch für die 65-Jährigen gilt: Wer arm lebt, wird früh sterben. Männer aus der unteren Einkommensschicht haben in diesem Alter im Mittel noch knapp 16 Jahre vor sich, Spitzenverdiener dagegen mehr als 21 Jahre. Das haben Forscher des RKI um vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung errechnet. Grundlage der Studie sind Sterbedaten aus den Jahren 1984 bis 2010.

Den Zusammenhang zwischen Wohlstand und Lebenserwartung steigt auch eine andere Statistik: Ordnet man alle Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland nach dem Medianeinkommen ihrer Bewohner und sieht sich dann die mittlere Lebenserwartung an, zeigt sich ein klarer Zusammenhang: Dort, wo die Menschen mehr verdienen, leben sie im Mittel auch länger. In ärmeren Regionen sterben die Menschen früher.

Bildung und Arbeit haben großen Einfluss

In ihrer Studie nennen die Forscher eine Reihe von Gründen für den Unterschied zwischen Arm und Reich. Ein wichtiger Faktor sei die Bildung, "da hinter Personen mit hohen Einkommen oftmals auch Personen mit hoher Bildung stünden, die sich hinsichtlich ihres gesundheitsrelevanten Verhaltens von Personen mit geringer Bildung unterschieden". Männer mit Abitur oder Hochschulabschluss lebten im Mittel etwa drei Jahre länger als mit Haupt- oder Realschulabschluss. Bei Frauen spiele die Bildung keine signifikante Rolle für die Lebenserwartung.

Eine weitere Ursache sei, dass Geringverdiener häufiger körperlich belastende Arbeiten ausüben. Der durch soziale Unsicherheit verursachte Stress spiele ebenfalls eine Rolle, außerdem die Vorprägung durch das Elternhaus.

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