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Convertible Laptops:Wie man das Beste aus zwei Welten bekommt

Ein Laptop oder vielleicht doch ein Tablet? iPads und einige Konkurrenzprodukte können immer mehr und es gibt für sie auch andockbare Tastaturen - da kann man schon ins Überlegen kommen. Oder geht vielleicht sogar beides in einem?

Von Helmut Martin-Jung

Sogenannte Convertibles versprechen das Beste aus zwei Welten. Die SZ hat drei Laptops getestet, die man auch zum Tablet umklappen kann und dazu als Vergleich das iPad pro mit Tastaturhülle.

Wer sich für ein Convertible entscheidet, muss mit einigen Kompromissen leben. Da diese Laptops mit 360-Grad-Scharnier eine vollwertige Tastatur enthalten, sind sie dicker und schwerer als ein reines Tablet. Zudem ist das Betriebssystem Windows nicht so gut für die Bedienung mit Finger oder Stift ausgelegt wie beim iPad, auch wenn die jüngste Version 11 da Verbesserungen mitbringt wie etwa größere Schaltflächen.

Um Platz und Gewicht zu sparen und trotzdem genug Leistung zu bringen, muss bei den Convertibles der knappe Platz optimal genutzt werden - das macht sie im Vergleich zu gewöhnlichen Notebooks ziemlich teuer. Statt günstiger Bauteile von der Stange müssen speziell angepasste eingebaut werden. Das gilt allerdings auch für ihre nicht in Tablets umwandelbaren dünnen und leichten Schwestern, die sogenannten Ultrabooks.

Vom Einsatzzweck hängt es ab, welches Gerät geeignet ist

Der große Vorteil der Windows-Geräte ist, dass man die volle Vielfalt der Programme nutzen kann, die es für dieses System gibt. Programme für Tablets sind dagegen oft abgespeckte Versionen ihrer großen Schwestern für "richtige" Computer. An der Leistungsfähigkeit etwa des iPads liegt das nicht mehr unbedingt. Die jüngsten Pro-Modelle sind darin vielen Laptops ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Je komplexer allerdings ein Programm ist, desto schwieriger wird es, sie an die reine Steuerung per Finger oder Stift anzupassen. Die Tablets wiederum sind da im Vorteil, wo genau das gefragt ist: Finger und Stift - etwa bei Zeichenprogrammen.

Für welches Gerät man sich entscheidet, hängt also immer davon ab, was der hauptsächliche Einsatzzweck sein soll. Wer etwa von unterwegs oder dem Büro zu Hause mit Windows-Programmen arbeiten muss, dem bleibt gar keine andere Wahl. Ein Convertible bietet dann nur eine Zusatzoption.

HP Spectre x360

Äußerlich auffälligster der Testkandidaten ist HPs Spectre x360 mit 14-Zoll-Bildschirm. Das kantige Design mit Metallrahmen und abgeschrägten Ecken hebt ihn aus der Masse heraus. Der Spectre sieht nicht bloß wertig aus, auch beim Öffnen des Deckels gewinnt man diesen Eindruck, es wackelt und knarzt nichts - was bei einem im Hochpreissegment angesiedelten Laptop aber auch nicht anders zu erwarten ist.

Der Bildschirm im 3:2-Format hat eine Auflösung von 1920 mal 1280 Bildpunkten und ist wie bei allen Convertibles natürlich berührungsempfindlich, damit das Gerät im Tabletmodus mit den Fingern bedient werden kann. Klappt man den Bildschirm mit dem 360-Grad-Scharnier um, schaltet der Rechner in den Tabletmodus, wobei die mechanische Tastatur deaktiviert wird. Das empfiehlt sich auch. Denn bauartbedingt kommt die Tastatur ja unten zu liegen.

Etwas merkwürdig erscheint die Entscheidung der Designer, einen USB-C-Anschluss an einer der Schrägen zu setzen, immerhin versteht der sich wie der zweite, seitlich angebrachte, auf den schnellen Thunderbolt-4-Standard. Ebenfalls vorhanden: Eine USB-Buchse im gewohnten, größeren A-Format und ein Leser für Speicherkarten im Micro-SD-Format. Statt wie andere Hersteller einen Fingerabdruckleser in den Ein/Aus-Schalter zu verbauen, hat HP dafür die zweite Strg-Taste Taste geopfert, die unten rechts neben der Alt-Taste sitzt.

Lenovo Yoga 9 14ITL5

Lenovo nennt seine Convertibles Yoga - vermutlich, um die Verrenkungen anzudeuten, die man dem Bildschirm zumuten kann. Was sofort auffällt, ist der mit Leder bezogene Deckel des Testgeräts. Diese Ausstattung ist allerdings optional. Die Tastatur weiß mit ihrem präzisen Druckpunkt ebenfalls zu gefallen, und eine positive Überraschung ist der kraftvolle Sound des Yoga, obwohl sich Lenovo als einziger der drei Convertibles nicht mit dem Logo eines Soundspezialisten schmückt. Da machen sogar Filme Spaß - auch wenn natürlich der Klang eines Laptops nie an den externer Lautsprecher heranreicht. In der getesteten Ausführung mit einem Full-HD-Bildschirm (1920 mal 1080 Bildpunkte) im 16:10-Format hielt der Yoga einen Arbeitstag lang durch, wenn man nicht gerade Hochleistungs-Jobs wie etwa Videokonvertierung von ihm verlangt.

Eine weitere Besonderheit des Yoga ist der mitgelieferte und sogar im Gehäuse integrierbare Stift. Das ist komfortabel und minimiert die Gefahr, den Stift zu verlieren. Anschlüsse finden sich dagegen ähnlich spärlich wie bei HPs Spectre: Zweimal USB-C (Thunderbolt 4), einmal USB-A und eines Mikrofon/Kopfhörerbuchse - das war's.

Dell XPS 13 9310 2 in 1

Dells XPS-Serie war einige Jahre lang die Empfehlung vieler Tech-Experten für einen kleinen, aber dennoch leistungsfähigen Laptop. Inzwischen hat die Konkurrenz aufgeholt, dennoch sind die XPS-Geräte noch immer vorne dabei. Unser Testgerät, das XPS 13 9310 2 in 1, besitzt ebenfalls einen Bildschirm im 16:10-Format, die Auflösung beträgt 1920 mal 1080 Bildpunkte. Die Kamera sitzt nun nicht mehr wie bei der ersten Version unter dem Bildschirm, sondern darüber - das setzt Teilnehmer von Videokonferenzen vorteilhafter ins Bild.

Wem das Design des HP Spectre zu auffällig ist, könnte mit dem Dell glücklich werden. Es sieht elegant aus, übertreibt es aber nicht. Bei den Anschlüssen ist es noch geiziger als die Konkurrenten, nur zwei USB-C-Buchsen (Thunderbolt 4) gibt es, immer liegt ein Adapter auf USB-A bei. Dazu kommen eine kombinierte Kopfhörer-Mikrofon-Buchse und ein Kartenleser im Micro-SD-Format. Im Vergleich zu den Vorgängermodellen aus dem eigenen Haus hat sich vor allem die Grafikleistung verbessert.

Den Fingerabdruckleser hat Dell in den Ein-Aus-Schalter eingebaut. Über die Tastatur kann man sich streiten. Die einen mögen es so kurzhubig wie es das Dell anbietet, andere eher nicht. Das sollte man im Zweifel selber ausprobieren, wenn man die eingebaute Tastatur viel benutzen möchte oder muss. Ansonsten empfiehlt sich aus ergonomischen Gründen sowieso eine externe Tastatur, den Laptop kann man dann erhöht platzieren und muss so nicht gebeugt über dem Laptop hocken.

Apple iPad pro 2021

Apples iPad pro entstammt einer anderen Gerätewelt. Der Hersteller bewirbt es durchaus als Laptop-Ersatz, hütet sich aber andererseits auch davor, seine Laptops mit einem Berührungsbildschirm anzubieten. Realistisch betrachtet ist es eine Zwischenkategorie. Zwar lässt es sich mit optionalen Tastaturen auch zu einem Schreibgerät aufrüsten, aber richtig lange möchte man das eher nicht machen. Ihre Stärken spielen iPads, und vor allem die potente Pro-Serie, besonders dann aus, wenn es um kreatives Arbeiten geht.

Apples Stift - auch er optional - kann viele Druckstärken unterscheiden. Er haftet auch magnetisch seitlich am iPad, besonders stark allerdings nicht. Wer das knapp 120 Euro teure Eingabegerät nicht verlieren will, sollte es lieber anders verwahren. Das iPad, obwohl es gefühlt fast nur aus Bildschirm besteht, hält etwa zehn Stunden ohne Aufladen durch. Die vier Lautsprecher sind gemessen an der Gehäusegröße sensationell.

Ob man unbedingt ein iPad Pro braucht, hängt davon ab, wozu man es einsetzen will. Wer etwa Noten schreibt oder zeichnet, wird sich das größere Pro-Modell holen. Wer es eher zum Medienkonsum nutzt, dem reicht auch eines der normalen Modelle, die dann auch kein so großes Loch in den Geldbeutel reißen. Auch für die gibt es einen Stift, der allerdings nicht ganz so viel kann wie der für die Pro-Modelle. Nach Anschlüssen braucht man bei einem iPad nicht lange zu suchen. Es gibt bloß einen, immerhin im USB-C-Format, dazu noch den connector für die Tastaturhülle, die sich aber halt auch nur dafür nutzen lässt.

Die Preise:

HP Spectre x360: ab ca. 1400 Euro

Lenovo Yoga i9 14 ITL5: ca. 1400 Euro

Dell XPS 13 9310 2in1: ab ca: 1300 Euro

iPad pro 12,9: ab ca. 1100 Euro, Tastaturcover: 400 Euro, Stift: ca. 120 Euro

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URL:
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