Das Gerät heißt Yoga und erinnert nicht nur wegen des Namens an eine Gymnastik-Übung, bei der sich Sportler verbiegen müssen. Der Bildschirm lässt sich um 360 Grad nach hinten klappen, wodurch aus dem Notebook mit Tastatur ein Tablet-Computer wird - zu bedienen per Fingerstreich.Es sind zwei Geräte in einem, die der chinesische PC-Hersteller Lenovo auf der Elektronikmesse Ifa in Berlin zeigt. Yoga soll die Zukunft der Computer sein.
Lenovo führt das Gerät als sogenanntes Ultrabook, sehr dünne, leichte und schnelle Notebooks, deren Akku fast einen Arbeitstag hält; sie zu starten, dauert nur wenige Sekunden. Hersteller hoffen, dass Ultrabooks den Markt für Computer beleben. Die Geräte sollen die Käufer zurückholen, die lieber mehrere hundert Euro für ein Smartphone ausgeben, also ein internetfähiges Handy, oder für ein Tablet - aber nicht für einen neuen Rechner.
Das wird immer häufiger seit Apple mit iPhone und iPad die Branche verändert hat; handliche Alltagsbegleiter und Statussymbole in einem. Seit Jahren wächst der Markt für PCs nur schwach. Nach Schätzungen der Analysten von Gartner, die die Technologie-Industrie beobachten, wird er in diesem Jahr gerade einmal um zwei Prozent auf 372 Millionen verkaufte Geräte zulegen. Dafür werden die Hersteller mit 113 Millionen Stück fast 90 Prozent mehr Tablets verkaufen als 2011. Viele klassische PC-Hersteller aber tun sich in diesem Markt schwer.
Neuer Trend
Die Kategorie Ultrabook soll den Trend ändern. Der Chiphersteller Intel hat sie erfunden, definiert - und er bestimmt, ob ein Hersteller sein Gerät Ultrabook nennen darf. Zu den Vorgaben gehört, dass darin Intel-Prozessoren verbaut sind. Um die technische Entwicklung voranzutreiben, hat Intel 300 Millionen US-Dollar in einem Fonds bereitgestellt. "Wir wussten lange vor dem Aufkommen der Tablets, dass die Leute leichtere und leisere Geräte wollen", sagt Robert Deline, Intels Vertriebsleiter für Ultrabooks.
"Aber die Computer-Industrie hat lange auf günstige Preise gesetzt und darüber Innovationen vernachlässigt." Über Jahre hatte die Branche neue Ideen auch nicht nötig, zweistellige Wachstumsraten erreichte sie auch ohne Kreativität: Erst schaffte jeder Haushalt einen PC an, dann alle Familienmitglieder ein Notebook. Als die Nachfrage in den Industrieländern nachließ, verkauften die Hersteller mehr Geräte in den Schwellenländern.
Das funktioniert nicht mehr, wegen Krise und Konjunktur, wegen der Konkurrenz durch Apple, fallender Preise und niedrigerer Margen. Und wegen der Trägheit vieler Hersteller. Auch, wenn die das nicht gerne zugeben. "Die Branche ist immer innovativ gewesen", sagt Aongus Hegarty, der bei Dell die Regionen Europa, Naher Osten und Afrika verantwortet. Er verweist auf Geräte und Dienste, die Dell auf Unternehmen mit kleinem Budget zugeschnitten hat und auf Dienste wie digitale Krankenakten. "Wären wir nicht innovativ, hätten wir auch kein Ultrabook entwickelt", sagt er. Vor einem Jahr brachten Hersteller die ersten Geräte auf den Markt, bislang können sie den Wachstumsschwund bei Notebooks nicht ausgleichen. Intel selbst gab bei der Vorstellung der Geräte an, bis Dezember 2012 sollten 40 Prozent der an Privatkunden verkauften Modelle schon Ultrabooks sein.
Die IT-Analysefirma IHS iSuppli rechnet damit, dass diese Zahl 2015 erreicht wird, für dieses Jahr erwartet sie einen Anteil von 13 Prozent. Vorsichtiger formuliert es Meike Escherich, Analystin bei Gartner. "In den kommenden drei Jahren werden kaum mehr als zwölf Prozent der verkauften Rechner Ultrabooks sein", sagt sie. Ein Grund sei der Preis. Die ersten Geräte kosteten über 1000 Euro, inzwischen bieten die Hersteller einige Modelle für 700 Euro an. "Kein Preis, den viele Konsumenten zu zahlen bereit sind. So kurbelt das Ultrabook den Markt nicht an", sagt Escherich.
Der Handel wartet
Die Branche dagegen gibt sich betont optimistisch. "Ultrabooks verändern den Markt stark", sagt David Roman, Lenovos Marketing-Chef. Der chinesische Konzern verkauft besonders viele Geräte an Geschäftskunden. "Wenn mit der Zeit die Preise fallen, werden sie auch mehr zu einem Massenprodukt werden." Noch wartet auch der Handel darauf, dass das Geschäft anzieht. Von einem Boom könne man sicher noch nicht sprechen, heißt es bei Media-Saturn.
In einem Punkt aber sind sich Hersteller, Analysten und Verkäufer einig: Dass dieses Gerät zu einem Hybrid zwischen Notebook und Tablet-Computer wird. Nun haben auch Dell, Samsung und Toshiba in Berlin solche Mischgeräte gezeigt. Microsofts neues Betriebssystem, das Ende Oktober in den Handel kommen soll, wird das vielen Herstellern erleichtern: Windows 8 lässt sich mit den Fingern steuern. Die Hersteller setzen große Hoffnungen darauf. "Windows 8 wird mehr Wettbewerb schaffen. Das wird auch für uns gut sein", sagt Dell-Manager Hegarty.
Ein solches Gerät könnte im Unterschied zu den bisherigen Ultrabook-Modellen mehr Leute dazu bringen, wieder zum Computer zu greifen - weil sie gleich ein Tablet mitgeliefert bekommen. Entscheidend wird wieder mal eines sein: der Preis.