Süddeutsche Zeitung

Lang & Schwarz:Steuerprüfung bei Handelsplattform

Wertpapierspezialist verschiebt Hauptversammlung, Aktienkurs bricht ein.

Eigentlich hätte es zuletzt kaum besser laufen können für den Düsseldorfer Wertpapier-Spezialisten Lang & Schwarz: Der börsennotierte Handelsplatzbetreiber und Derivatehändler hatte jedenfalls spürbar vom Boom an den Aktienmärkten profitiert und davon, dass auch in Deutschland plötzlich viel mehr Privatkunden mit Derivaten handeln. 2020 vermeldete das Unternehmen sein erfolgreichstes Geschäftsjahr der Firmengeschichte. Zwischen Anfang 2020 und Anfang 2021 hat sich der Aktienkurs des Wertpapier-Spezialisten verdreizehnfacht. Und der Erfolg hielt im neuen Jahr bisher an.

Am Mittwoch allerdings brach die Aktie von Lang & Schwarz zeitweise um 36,5 Prozent auf 81,60 Euro ein. Das Unternehmen hatte am Vorabend mitgeteilt, dass die für diesen Donnerstag angesetzte Hauptversammlung kurzfristig verschoben werden muss. Hintergrund sei eine Steuerprüfung im Zusammenhang mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen, teilte das Unternehmen mit, ohne allerdings einen neuen Termin zu nennen. Bei der steuerlichen Prüfung würden die Geschäftsjahre 2007 bis 2011 untersucht, hieß es in der Mitteilung von Lang & Schwarz.

Es bestehe der Verdacht, dass sich verantwortliche Personen des Unternehmens in diesen Jahren nicht gezahlte Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge unrechtmäßig hätten anrechnen beziehungsweise erstatten lassen. Dazu sei am Montagabend ein Zwischenbericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Düsseldorf zu einer steuerlichen Prüfung der Kapitalertragsteueranrechnung der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft für die Geschäftsjahre 2008 bis 2009 eingegangen. Daher sei es notwendig gewesen, die Hauptversammlung zu verschieben. Ein Bericht für die übrigen betroffenen Jahre stehe noch aus, zudem sei die Prüfung bislang nicht abgeschlossen. Um was es bei der Prüfung genau geht, teilte die Firma nicht mit, es dürften aber Cum-Ex-Transaktionen im Fokus stehen, also verbotene Aktiengeschäfte zulasten der Staatskasse. Bislang war nicht bekannt, dass sich Lang & Schwarz in irgendeiner Form an diesen Geschäften beteiligt hatte.

Der Vorstand halte die Vorwürfe "im Einklang mit einer 2015 beanstandungsfrei abgeschlossenen Konzernbetriebsprüfung" insgesamt für unbegründet. Es könne jedoch sein, dass das "Verhalten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft und deren Verantwortlichen nachträglich steuerlich anders beurteilt" werde und es zu Änderungsbescheiden komme. Daher will das Unternehmen 45 Millionen Euro zurückstellen. Diese Rückstellung soll aus dem Konzerngewinn des ersten Halbjahres 2021 gebildet werden, habe aber allerdings Auswirkungen auf die geplante Dividendenzahlung für 2021. Das Ergebnis könnte dadurch nun um 61 Millionen Euro niedriger ausfallen.

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SZ vom 26.08.2021 / SZ
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