Landwirtschaftsminister Robert Habeck:Robert Habeck: "Bauern stecken in einem Teufelskreis"

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Warnt vor einem drastischen Höfesterben: der schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck. (Foto: dpa)

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister ist zornig. Über die Agrarpolitik der Regierung, über die Milchpreise - und über eine mögliche Glyphosat-Neuzulassung.

Es ist ein stilles Sterben, das sich derzeit in Deutschland vollzieht. Der Rückgang des Milchpreises nimmt immer schlimmere Formen an. Auf weniger als 20 Cent ist der Preis je Liter schon gesunken. Deutschlands Bauern bräuchten zum Überleben eigentlich das Doppelte. Tausende Betriebe sind der Krise deshalb schon zum Opfer gefallen. Nun macht ein grüner Spitzenpolitiker klar: Die Folgen der dramatischen Talfahrt in der Landwirtschaft könnten in den kommenden Jahren noch weitaus schlimmer ausfallen - und sie dürften überall im Land spürbar werden.

Schleswig-Holsteins Landwirtschafts- und Umweltminister Robert Habeck warnt vor dem Krisengipfel von Politik und Landwirten am 30. Mai in Berlin eindringlich vor einem noch schnelleren Höfesterben in Deutschland. "Der Strukturwandel verschärft sich derzeit in hohem Tempo", sagt Habeck der Süddeutschen Zeitung. "Wohl fünf Mal mehr Milchviehbetriebe als bisher werden aufgeben - zehn Prozent pro Jahr. Das heißt: In fünf Jahren verschwindet in Deutschland die Hälfte der Betriebe." Die Produktionskapazitäten würden dann von größeren Betrieben übernommen, sagt der 46-Jährige, der im Bundestagswahlkampf 2017 zum grünen Spitzenkandidaten werden will, voraus.

Die Politik müsse jetzt zügig Maßnahmen ergreifen, damit die Preise endlich steigen. "Das heißt, die Milchproduktion zu reduzieren und die Bauern dafür entschädigen. Dafür brauchen wir Geld. Fast eine Milliarde Euro", fordert Habeck. Er stellt sich damit gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) lehnt harte Eingriffe in den Markt bislang ab. "Der Minister darf das Schicksal der Branche nicht einfach laufen lassen", kritisiert Habeck, "Schmidt kneift und weicht der Debatte mit den Ländern aus." Der Agrargipfel findet nach bisherigen Plänen ohne die Länderminister statt.

Auch den Streit um das Unkrautgift Glyphosat hält Habeck noch nicht für beendet. Die EU-Kommission war in der vergangenen Woche mit dem Versuch gescheitert, eine im Juni auslaufende Zulassung für das umstrittene Pestizid zu erneuern. "Ich fürchte, dass die EU-Kommission in den nächsten Wochen noch einen Weg finden wird, den Stoff wieder zuzulassen. Das breite Kreuz für eine Ablehnung gegen die Industrie hat Brüssel nicht", sagt Habeck.

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Von Markus Balser

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