Süddeutsche Zeitung

Landschaftsarchitektin:Selbstversuch im Rollstuhl

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Stefanie Jühling erklärt im Interview, was beim Planen barrierefreier Parks wichtig ist. Dialoge mit Betroffenen sind gut. Tests, um ihre Alltagsprobleme kennenzulernen, noch besser.

Interview Von Oliver Herwig

Die Münchner Landschaftsarchitektin Stefanie Jühling erklärt, wie sie vorgegangen ist, um das Thema Barrierefreiheit im Petuelpark so gut als möglich umzusetzen.

SZ: W as ist grundsätzlich wichtig, wenn man einen barrierefreien Park plant?

Stefanie Jühling: Voraussetzung ist, sich in die Situation der Menschen zu versetzen, die auf für ihre speziellen Bedürfnisse gut nutzbare Einrichtungen angewiesen sind. Dabei handelt es sich nicht nur um Menschen im Rollstuhl, sondern auch um alte oder sehbehinderte Menschen und Eltern mit Kinderwagen. Rampen sollten ein ganz selbstverständlicher Teil innerhalb des Gestaltungskonzeptes sein.

Beim Petuelpark ist genau das gelungen. Dafür spielte die Nähe zur Pfennigparade eine große Roll e. Wie haben Sie diese in Ihre Planung einbezogen?

Wir haben in etlichen Gesprächen mit den Bewohnern und der Leitung der Pfennigparade viel über die Alltagsprobleme von Menschen mit ganz unterschiedlichen Behinderungen erfahren. Wir durften selber probieren, mit einem Rollstuhl eine sechsprozentige Rampe - das ist der Standard nach DIN - zu überwinden. Und sind gescheitert.

Können Sie das näher erklären?

Das ist ganz einfach. Jedes Prozent, um das eine Rampe flacher ausgebildet werden kann, ist eine große Hilfe. Im Petuelpark liegen deshalb die meisten Rampenneigungen zwischen drei und vier Prozent. Dazu kommen die passenden Bodenbeläge. Wir haben die beeindruckende Geschicklichkeit der Rollstuhlfahrer kennengelernt, vor allem der Kinder, und daraufhin die Angebote im Spielbereich auf sie zugeschnitten mit teils unterfahrbaren Spielgeräten.

Es gibt sogar Rollstuhlparkplätze neben den normalen Parkbänken. Warum ist das nicht Standard bei allen öffentlichen Bänken?

Den Abstand zwischen Bänken kann jeder Planer herstellen, manchmal ist es vielleicht ein Platzproblem. Dass dies nicht automatisch geschieht, zeigt, dass leider immer noch oft Gedankenlosigkeit herrscht.

Der Petuelpark dient inzwischen als Referenzprojekt, das von vielen Planern und Entscheidern besucht wird. Arbeiten Sie auf der Grundlage der Erkenntnisse, die Sie bei diesem Projekt gewonnen haben, heute anders?

Wir versuchen selbstverständlich, die Erfahrungen aus dem Petuelpark und anderen kommunalen Vorhaben, bei denen die Barrierefreiheit Standard ist, in allen Projekten anzuwenden. Das stößt man allerdings bei dicht bebauten Flächen mitunter an seine Grenzen; das bedeutet dann im Detail viel Abstimmungsbedarf.

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Quelle:
SZ vom 22.05.2015
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