Landgericht Essen:Middelhoff bleibt in Haft

Lesezeit: 2 min

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Arcandor, Thomas Middelhoff. (Foto: dpa)
  • Thomas Middelhoff muss zunächst in Haft bleiben, das Landgericht Essen will erst im Laufe der Woche über eine mögliche Aussetzung des Haftbefehls entscheiden.
  • Wegen Fluchtgefahr hatte das Gericht am Freitag einen Haftbefehl gegen den 61-Jährigen erlassen.
  • Der Manager war zuvor wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt worden.

Haftprüfungstermin erst im Laufe der Woche

Der frühere Topmanager Thomas Middelhoff bleibt zunächst weiter in Untersuchungshaft. Nach einem Haftprüfungstermin teilte ein Sprecher des Essener Landgerichts mit, es werde erst im Laufe der Woche über eine mögliche Aussetzung des Haftbefehls gegen den 61-Jährigen entschieden.

Bei dem Termin am Montagnachmittag habe Middelhoff Gelegenheit bekommen sich zur Sache zu äußern, sagte der Gerichtssprecher. Die Verteidigung habe angekündigt, kurzfristig weitere schriftliche Unterlagen zu übersenden, die für die Entscheidung der Kammer von Bedeutung sein könnten. Das Gericht werde diese Unterlagen sofort nach Eingang prüfen und dann im Laufe dieser Woche eine Entscheidung treffen.

Was dem Manager vorgeworfen wird

Middelhoff war am Freitag von der 15. Strafkammer wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Gerichts hat der frühere Chef des pleitegegangen Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor das Unternehmen um mehr als 500 000 Euro geschädigt - vor allem durch die Abrechnung privater Flugreisen.

Warum ein Haftbefehl erlassen wurde

Wegen Fluchtgefahr hatte das Gericht außerdem einen Haftbefehl gegen den Manager erlassen. Angeblich wurde er nur eingesperrt, weil er dem Gericht am Freitag im Gegenzug zur Aussetzung des Haftbefehls wegen Fluchtgefahr nur einen abgelaufenen Pass und nicht sein gültiges Reisedokument als Sicherheit vorgelegt habe. Es wird allerdings auch darüber spekuliert, dem von Gläubigern umzingelten Middelhoff sei es in der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, eine mutmaßlich stattliche Kaution aufzubringen.

Urteil gegen Middelhoff
:Wenn Manager abheben

Drei Jahre Gefängnis wegen 500 000 Euro: Das Urteil gegen den früheren Arcandor-Chef Thomas Middelhoff wirft die Frage auf, wie weit Richter über die Wirtschaft bestimmen sollen.

Kommentar von Marc Beise

Andererseits könnte das Gericht die Fluchtgefahr auch aus einer anderen Aktion geschlussfolgert haben, schließlich ist der Manager schon einmal geflohen - wenn auch nicht im juristischen Sinne. Nach einem Verhandlungstag im Sommer ist er, um den Fotografen zu entkommen, im Gerichtsgebäude in Essen aus dem Fenster gestiegen und "wie eine Katze" übers Dach geklettert, wie er später selbst erzählte. Dass er zuvor einen Offenbarungseid abgeben musste, darauf ging er nicht weiter ein.

Middelhoff-Anwalt Winfried Holtermüller hatte bereits am Wochenende angekündigt, Revision gegen das unerwartet harte Urteil einlegen zu wollen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung des BGH dürften Monate vergehen.

Wieso es zu dem Prozess kam

Das Essener Verfahren war Teil eines Prozessmarathons, den Middelhoff im Zusammenhang mit der Arcandor-Pleite absolvieren muss. Als Kläger, Beklagter und Zeuge ist er in mehrere Verfahren involviert.

Middelhoff hatte 2005 die Führung des angeschlagenen KarstadtQuelle-Konzerns übernommen, umgebaut und in Arcandor umfirmiert. Der Konzern meldete 2009 Insolvenz an. Das brachte auch Sal. Oppenheim an den Rand des Ruins. Die Kölner Privatbank hatte zuletzt große Arcandor-Aktienbestände übernommen. Seit 2010 gehört Sal. Oppenheim in stark verkleinerter Form zur Deutschen Bank. Mit der Bank streitet Middelhoff um Millionensummen.

Das Institut hatte Middelhoff und seine Frau Ende 2013 auf knapp 78 Millionen Euro verklagt. Das Ehepaar soll Kredite nicht zurückgezahlt haben. Zuvor wiederum hatten die Middelhoffs die Bank auf mehr als 100 Millionen Euro verklagt. Das Ehepaar fordert die Rückabwicklung seiner Beteiligungen an diversen Fonds und die Freigabe von gut 23 Millionen Euro Festgeldern, die von der Bank eingefroren worden seien. Die Verhandlung in dieser Sache beginnt am morgigen Dienstag vor dem Kölner Landgericht.

© SZ.de/AFP/dpa/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: