Landesbanken:Zurechtgestutzt

Lesezeit: 2 min

Landesbanken und Sparkassen sind noch nicht aus dem Schneider.

Von Meike Schreiber

Jahrelang waren Deutschlands Landesbanken die größten Sorgenkinder der deutschen Finanzbranche, vor allem der Steuerzahler, die sie in der Finanzkrise retten mussten. Inzwischen sind sie erfreulicherweise auf Normalmaß zurechtgestutzt. "Nötig und richtig" sei dies gewesen, sagte Bundesbankpräsident Jens Weidmann vor Kurzem. "Weniger Risikogeschäft, mehr Solidität" zeichne die Institute heute aus, findet Georg Fahrenschon. Der Bayer ist Chef des Dachverbandes DSGV, dem sowohl Landesbanken als auch Sparkassen angehören. Tatsächlich sind die Landesbanken seit der Krise geschrumpft wie ein Pullover in der Kochwäsche. 20 000 Stellen, ein Drittel aller Arbeitsplätze, wurden gestrichen, Risiken gesenkt, Bilanzsummen halbiert. Das verdient Anerkennung.

Doch das Lob gebührt nicht allein den Instituten und ihren staatlichen Eigentümern - den Bundesländern und Sparkassen -, sondern vor allem der Europäischen Kommission. Denn ohne Druck aus Brüssel wäre im selbsterklärten EU-Musterland Deutschland wohl alles beim Alten. Ohne Auflagen der Wettbewerbshüter und internationalen Aufsichtsbehörden hätten die Bundesländer ihre Landesbanken, die sie mit Steuermilliarden retten mussten, wohl wieder machen lassen.

Den viel gescholtenen EU-Bürokraten gebührt Lob für ihre Aufräumarbeit

Allein der Blick auf die Zustände in Bremen, dem Armenhaus der Republik, lässt keinen anderen Schluss zu. Der dortige rot-grüne Senat hatte seine überdimensionierte Landesbank im sterbenskranken Schifffahrtsgeschäft fröhlich expandieren lassen, um die heimischen Reeder bei Laune zu halten. Das Verhalten der Bremer, das zeigt die Erfahrung, lässt sich leicht auf die anderen Bundesländer übertragen. Zu groß ist die Versuchung, Strukturpolitik mit Landesbankmitteln zu betreiben. Bremen ist überall.

Dass es anders gekommen ist, ist ausgerechnet den viel gescholtenen EU-Bürokraten zu verdanken. Sie waren es, die durchgesetzt haben, die Zahl der Landesbanken zu reduzieren, den Rest zu verschlanken und den gesamten Sektor ein Stück weit zu entpolitisieren.

Das Ergebnis mag Nostalgiker erzürnen, und jeder Jobverlust ist für den Einzelnen ein harter Einschnitt. Aber im Sinne der Steuerzahler ist es sinnvoll, dass die Skandalnudel West-LB abgewickelt ist und in Kürze auch die HSH Nordbank verschwindet. Bayern-LB und Landesbank Baden-Württemberg stehen heute, ohne weit verzweigtes Auslandsgeschäft und außerbilanzielle Risikogeschäfte, besser da. Als Hausbank prestigesüchtiger Ministerpräsidenten fallen die Institute weitgehend aus, die Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft ist trotzdem intakt.

Das alles ist nicht so selbstverständlich, wie es klingt. Obwohl die Finanzkrise die Landesbanken mit voller Wucht traf und der Staat mit atemberaubenden Summen zu Hilfe eilen musste, war die Empörung groß in Stuttgart, München und Düsseldorf, als Brüssel den Landesbanken im Gegenzug für deren Rettung harte Sanierungsauflagen vorschrieb.

Umso wichtiger wäre es gewesen, bei einem ähnlichen Fall in Italien mit vergleichbarer Härte durchzugreifen. Es enttäuscht, dass die Kommission nicht den Mut hatte, die Zombiebank Monte dei Paschi aus dem toskanischen Siena abzuwickeln wie dereinst die West-LB, wenn auch dieses Mal mit Beteiligung der Gläubiger. Das wäre möglich gewesen dank der neuen europäischen Bankengesetze.

Stattdessen wurde das Regelwerk mit Rücksicht auf den Krisenpatienten Italien erkennbar gedehnt und ein Präzedenzfall geschaffen, auf den sich andere berufen werden, wenn die Not ähnlich groß ist. Das ändert freilich nichts daran, dass die Europäische Kommission im Fall der Landesbanken richtig gehandelt hat.

Aus dem Schneider sind Landesbanken und die mit ihnen verbundenen Sparkassen dennoch nicht. Das Dauerzinstief kostet Erträge, die Personalkosten - insbesondere die skandalös hohen Pensionsansprüche der Sparkassenvorstände - sind zu hoch. Auf eine einheitliche Zentralbank wie bei den Volksbanken werden sich Bundesländer und Sparkassen vorerst nicht einigen können. Und wenn die erstaunlich robuste deutsche Konjunktur wieder schwächelt, wird auch das Thema Kreditabschreibungen wieder virulent.

Nicht ausgeschlossen, dass dann erneut der Ruf nach mehr Eigenkapital laut wird. Dass erneut die Länder einspringen, ist indes unwahrscheinlich - Brüssel würde neue Zwangsmaßnahmen, bei Wiederholungstätern gar die Abwicklung anordnen, um Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Diese Lektion haben Deutschlands öffentlich-rechtliche Banken inzwischen gelernt. Es war eine notwendige und bittere. Und eine, für die der Steuerzahler der EU dankbar sein sollte.

© SZ vom 06.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: