Süddeutsche Zeitung

Backwaren:Lebkuchen und Stollen dürften teurer werden

Zucker, Schokolade, Energie: Deutschlands größter Weihnachtsbäcker Lambertz meldet einen Kostenanstieg, wie man ihn noch nie gesehen habe. Printflation, sozusagen.

Von Benedikt Müller-Arnold, Köln

Der Herbst ist angebrochen, und wollte man diese Jahreszeit in einem einzigen Geruch ausdrücken, dann denkt man vielleicht an Laub, an Pilze oder Kürbissuppe. Womöglich aber auch: an Lebkuchen, die seit einigen Wochen wieder in Supermarktregalen liegen. Sehr zum Ärger jener Leute, die das Saisongebäck am liebsten erst im Advent feilgeboten sähen. "Aber ich sage immer: Der Handel würde die Produkte nicht führen, wenn der Kunde sie nicht kaufen würde", erwidert Hermann Bühlbecker - und was soll er auch sonst sagen: Dem 71-Jährigen gehört die Firma Lambertz, der größte Herbst- und Weihnachtsbäcker Deutschlands.

Bühlbecker hat aus der Aachener Printen-Fabrik ein ziemliches Imperium geformt: mit Lebkuchenmarken wie Weiss oder Stollenbäckern wie Dr. Quendt aus Dresden. Doch obwohl Bühlbecker seit vier Jahrzehnten im Geschäft ist, findet er diese Saison außergewöhnlich - vor allem: außergewöhnlich teuer. "Wir haben im Moment eine Akkumulation von Kosten, die ich so noch nicht gesehen habe", sagt der Unternehmer. Seine drei wichtigsten Rohstoffe Schokolade, Zucker und Mehl seien deutlich teurer geworden. "Hinzu kommen höhere Frachtkosten und Energiepreise."

Fans des ungesunden Naschens verheißt all das nichts Gutes. "Im Moment verkaufen wir zu den Preisen, die wir Anfang des Jahres vereinbart haben", sagt Bühlbecker zwar, noch gebe man keine Preise für die nächste Saison heraus. "Aber wir wissen jetzt schon, dass es deutlich teurer wird." Sein Trost: Süßgebäck bleibe in Deutschland vergleichsweise günstig, schließlich könne man die Packung "Herze, Sterne, Brezeln" doch immer noch für weniger als zwei Euro kaufen. Dem regen Wettbewerb im hiesigen Lebensmittelhandel sei dank.

Was die Inflation der Printen betrifft - man könnte fast von Printflation sprechen -, verweist Bühlbecker etwa auf den Kunststoffmarkt. "Wir müssen schon kämpfen, dass wir genug Verpackungen bekommen", sagt der Lambertz-Chef. Für den geplanten Umsatz habe man zwar schon im Frühjahr Verpackungen geordert. "Aber wenn man über vorbestellte Mengen hinaus ordert, wird es schwierig."

Tatsächlich treibt die Erholung vieler Volkswirtschaften von der Corona-Krise zuweilen schräge Blüten: Internationale Frachtkapazitäten sind recht knapp, etwa in Flugzeugen. Die Pandemie legte wichtige Häfen zeitweise lahm, mehrere Unwetter bremsten die erdölverarbeitende Industrie aus. Trotz all der Sonderkosten sei Lambertz auch zuletzt profitabel gewesen, sagt Bühlbecker.

Weniger Konferenzkekse während der Pandemie - doch im Supermarkt seien Naschereien umso besser gelaufen

Die Firma meldet für das vergangene Geschäftsjahr, das Ende Juni endete, einen Umsatz von 656 Millionen Euro, drei Prozent mehr als im Vorjahr. Zwar machten sich Home-Office und Reisebeschränkungen bemerkbar: Lambertz verkaufe während der Pandemie weniger Gebäckmischungen, sogenannte Konferenzkekse, etwa an Kongresshotels. Auch in Flughafen-Shops habe man weniger Kekstruhen als Andenken oder Mitbringsel verkauft. Doch dafür seien Naschereien im Supermarkt umso besser gelaufen. Bühlbecker deutet das so: Gerade in bitteren Zeiten gönne man sich gern mal Süßes.

Und immerhin sind die Zeiten vorbei, in denen Gebäckhersteller zu den Leidtragenden internationaler Handelskonflikte zählten. So führten die USA vor zwei Jahren saftige 25 Prozent Strafzoll auf Süßgebäck-Importe aus der EU ein. Ursprung allen Übels war der Streit um Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Doch im Frühjahr setzten beide Seiten entsprechende Strafzölle aus. "Man freut sich dieser Tage ja schon, wenn man unter normalen Umständen arbeiten kann", kommentiert Bühlbecker launig.

Der Firmeninhaber ist seit Jahrzehnten zugleich die größte Werbefigur von Lambertz: Zu offiziellen Anlässen verschenkt Bühlbecker Kekskisten an Staatsgäste, als Honorarkonsul vertritt er den weltweit größten Kakao-Produzenten Elfenbeinküste in Deutschland. In Shopping-Sendern wie QVC tritt der Unternehmer zuweilen höchst selbst auf, um Truhen unters Volk zu bringen.

Während es in dieser Hinsicht künftig ruhiger werden dürfte, scheint für Bühlbecker eine andere Zukunftsfrage geklärt: "Wir sind immer ein Familienunternehmen geblieben, trotz mancher verlockenden Angebote", sagt der Vater einer Tochter. "Und das Ziel bleibt, das Unternehmen komplett in der Familie zu halten."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5445553
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.