Lahmender Online-Werbesektor:Microsoft muss mehr als sechs Milliarden Dollar abschreiben

Microsoft muss in seinem lahmenden Online-Werbesektor Kosten in Höhe von 6,2 Milliarden Dollar auffangen. Der US-Softwarekonzern muss damit eingestehen, dass die Tochter praktisch wertlos ist.

Es ist ein hartes Eingeständnis, das Microsoft da machen muss: Das mit viel Geld hochgepäppelte Online-Geschäft rund um die Suchmaschine Bing wird langsamer wachsen und weniger abwerfen als erwartet. Die Folge ist eine Abschreibung über 6,2 Milliarden Dollar (4,9 Milliarden Euro).

Lahmender Online-Werbesektor: Sein Geld verdient Microsoft bis heute vor allem mit seinem Betriebssystem Windows und den Office-Büroprogrammen.

Sein Geld verdient Microsoft bis heute vor allem mit seinem Betriebssystem Windows und den Office-Büroprogrammen.

(Foto: AP)

Die Abschreibung auf den Firmenwert in der Online-Service-Sparte hat eine Vorgeschichte: Im Jahr 2007 hatte Microsoft für 6,3 Milliarden Dollar die Online-Werbefirma Aquantive gekauft - der Preis lag damit um 85 Prozent über dem damaligen Aktienkurs. Trip Chowdry, Analyst bei Global Equities Research, kritisierte den Zukauf im Wall Street Journal: "In der Onlinewelt geht es nicht um Größe, sondern um Schnelligkeit", sagte er. "Microsoft war einfach zu langsam."

Der Konzern wollte dem Rivalen Google das Geschäft mit der Internet-Werbung nicht kampflos überlassen. Doch Google zog trotzdem davon. Der Suchmaschinen-Primus beherrscht noch heute große Teile des Geschäfts mit der Online-Werbung. Das Geld kommt vor allem durch gekaufte Links bei Suchergebnissen herein.

Die Abschreibung von Microsoft kommt nun einem Eingeständnis gleich, dass Aquantive praktisch wertlos ist. "Die Übernahme hat das Wachstum nicht in dem Maße beschleunigt wie erwartet, was zu der Abschreibung führte", hieß es in einer Konzernmitteilung.

Schwachstelle Online-Geschäft

Nachdem Microsoft schon 2009 die zusammen mit Aquantive übernommene Online-Marketingagentur Razorfish abgestoßen hatte, bleiben dem Software-Konzern von seinem Milliardenzukauf noch einige Online-Werbesysteme, die er nach eigenen Angaben weiterhin nutzt. Das Online-Geschäft ist und bleibt damit die Schwachstelle von Microsoft: Allein in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres lag der operative Verlust der Online-Service-Sparte bei mehr als 1,4 Milliarden Dollar - trotz Sparprogramm. Immerhin reduzierte sich der Verlust im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als er sogar bei 1,9 Milliarden Dollar gelegen hatte.

Sein Geld verdient Microsoft bis heute vor allem mit seinem Betriebssystem Windows und den Office-Büroprogrammen. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres bekam Microsoft unterm Strich 17,5 Milliarden Dollar heraus. Die Abschreibung fällt im vierten Geschäftsquartal an, das gerade abgelaufen ist und über dessen Verlauf das Unternehmen am 19. Juli berichten wird.

Ursprünglich hatten Analysten mit einem Quartalsgewinn von mehr als fünf Milliarden Dollar gerechnet - die Abschreibung dürfte diesen nun vollständig aufzehren. Die Microsoft-Aktie gab nachbörslich leicht nach: Sie tendierte bei 30,35 Dollar, nachdem sie mit 30,56 Dollar aus dem New Yorker Handel gegangen war.

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